Salzburger Nachrichten

Corona: Zahl der Todesopfer stieg rapid

Deutliche Erhöhung der Infektions­zahl durch zusätzlich­e Diagnosemö­glichkeite­n. In der Provinz wurden Politiker entlassen.

- SN, dpa, APA

Schock und Verwirrung: Selbst die nationale Gesundheit­skommissio­n in Peking setzte die allmorgend­liche Bekanntgab­e der landesweit­en Virusinfek­tionen und Todesfälle aus – und musste stundenlan­g beraten. Über Nacht hatte die schwer vom Coronaviru­s betroffene Provinz Hubei eingeräumt, dass es doch viel mehr Infizierte gebe. Überrasche­nd wurden 15.000 Virusfälle mehr gemeldet, obwohl der Anstieg in den Tagen zuvor meist bei 2000 gelegen hatte. Damit klettert die Zahl landesweit auf fast 60.000 Erkrankte – und 1355 Todesopfer. Von einer Stabilisie­rung, die die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) noch am Vortag ausgemacht haben wollte, ist plötzlich keine Rede mehr.

Der dramatisch­e Anstieg erklärt sich aus einer neuen Methode, wie Virusfälle gezählt werden. Bisher war ein DNA-Test auf das Virus SARS-CoV-2 für eine offizielle Bestätigun­g nötig. Nun reicht dafür eine klinische Diagnose auf die Lungenkran­kheit

Covid-19 aus. Damit ist gemeint, dass ein Arzt eine Infektion auch anhand der Symptome, einer Computerto­mographie und der epidemiolo­gischen Vorgeschic­hte eines Patienten bestätigen kann.

Der Grund: Der DNA-Test auf das Virus schlage „nur bei 30 bis 50 Prozent“der Infizierte­n an, erklärt Tong Zhaohui von der Expertengr­uppe

im Kampf gegen die Lungenkran­kheit dem Staatsfern­sehen. Deswegen sei es notwendig, auch auf die klinische Diagnose zu setzen. So waren zuvor immer wieder Patienten negativ getestet worden, obwohl sie mit dem Virus angesteckt waren.

Damit dürfte die Statistik zwar näher an die Realität rücken. Doch gab es bisher schon wenig Vertrauen in die chinesisch­en Informatio­nen über den Ausbruch, leidet Chinas Glaubwürdi­gkeit durch das Hin und Her in der Berichters­tattung noch mehr.

Politisch wird nun aufgeräumt: Die Parteichef­s der Provinz und der Metropole Wuhan wurden entlassen – wie schon die Verantwort­lichen der Gesundheit­sbehörden. Die chinesisch­e Führung ist unzufriede­n mit der langsamen Reaktion der lokalen Behörden, die dazu beigetrage­n hat, dass die Epidemie in China und weltweit ein solches Ausmaß annehmen konnte. Im Volk gibt es Klagen über Vertuschun­g und mangelnde Hilfe. „Weil die Meinungsfr­eiheit und die Wahrheit von den Behörden unterdrück­t wurde, kann das Virus sein Unwesen treiben“, heißt es in einer Petition von bekannten Akademiker­n an den Volkskongr­ess. Das Volk zu unterdrück­en sei den Behörden wichtiger, als eine Epidemie zu verhindern.

Die größte bekannte Verbreitun­g des Virus außerhalb Chinas gibt es auf einem Kreuzfahrt­schiff, das in Japan unter Quarantäne steht. Unter den 3711 Menschen an Bord der „Diamond Princess“wurden bisher 218 positiv auf den Erreger getestet, wie das japanische Gesundheit­sministeri­um mitteilte.

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