Der Optimierungszwang macht selbst vor Kühen nicht halt
In der Galerie 5020 zeigen Salzburger Künstler, wie Kunst auf neoliberale Tendenzen unserer Gesellschaft reagieren kann.
Das Kunstwerk hängt an einer Säule und erinnert an das Innere einer Autowaschanlage. Beate Ronacher fand diese „Kuhputzmaschine“im Lagerhaus, lieh sie sich aus und fügte sie mit Kunst-Kuhhaufen zu einer Installation zusammen. „Die Maschine wird zur Optimierung der Produktivität von Kühen benutzt“, erzählt die Tennengauerin, die beim Performancekollektiv Gelatin in Linz studiert.
Ronachers „Kuhputzmaschine“fügt sich wunderbar in die Ausstellung „Durch das Raue zu den Sternen“in der Salzburger Galerie 5020. Ein Thema der Gruppenschau ist die (Selbst-)Optimierung, die in unserer Gesellschaft omnipräsent ist. Auch Ulrike Lienbacher hat sich mit Optimierung auseinandergesetzt:
Dutzende Hanteln aus Porzellan ließ sich die Salzburger Künstlerin von der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten nachbilden und formiert sie am Boden wie im Fitnessstudio. „Das Selbstgefällige des Porzellans passt ebenso zum hochtrainierten Körper wie das Fragile des Werkstoffs“, sagt Ulrike Lienbacher. Auf einem Bildschirm spricht ein Motivationscoach über Optimierungsmethoden. Sie habe im Vorfeld der Videoinstallation mit Skisprunglegende Toni Innauer Kontakt aufgenommen, erzählt Ulrike Lienbacher: „Kunst- und Sportsystem sind jedoch nicht kompatibel. Künstler können kein so klares Ziel definieren wie Sportler.“
Didi Neidhart nutzt die analoge Methode des Flugzettels, um „neoliberale Begrifflichkeiten“mit der Kunst des Scheiterns in Bezug zu bringen. Aus dem Kontext gelöst, wird die Sinnlosigkeit dieser Wortschöpfungen deutlich gemacht. „Die Arbeit wächst seit Jahren von Ausstellung zu Ausstellung“, sagt Neidhart über seine gelbe Zettelwand. Man scheitere daran, „instagramable“zu sein oder sein „Hobby zum Geschäftszweig“zu machen.
Das Dilettantische erheben Diana Barbosa Gil und Anna-Sofie Lugmeier zur Kunst. Die beiden Performancekünstlerinnen haben das bewusst amateurhafte Video „Cyborg Europa“rund um die griechische Sage von Europa gedreht – und erregten mit ihrem punkig-feministischen Ansatz an Originalschauplätzen Aufsehen. „Hier geht etwas zu Ende“, sagt Lugmeier im Video: „Der Stier, der Mann, die Frau, die Mutter – was kann man daran nicht verstehen?“Der Pinzgauer Peter
Fritzenwallner zeigt einen Dokumentarfilm über einen Hobbyastronomen, der seine eigene Sternwarte gebaut hat. Hier gelangt einer buchstäblich „durch das Raue zu den Sternen“. Und Christian Zwerschina, der mit weiteren Künstlern ein Atelier in Hallein betreibt, gibt mit Installationen aus Arbeitsgegenständen wie Sackrodel und Arbeitsmantel Rätsel auf.
„Die Ausstellung ist ein Heimspiel“, freut sich 5020-Leiterin Karolina Radenkovic über die hohe Dichte an jungen Künstlern aus Stadt und Land Salzburg. Gemäß dem Jahresmotto „Das kompromittierte Ich“würden heuer künftig Einzelausstellungen gezeigt.
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