Salzburger Nachrichten

Der Optimierun­gszwang macht selbst vor Kühen nicht halt

In der Galerie 5020 zeigen Salzburger Künstler, wie Kunst auf neoliberal­e Tendenzen unserer Gesellscha­ft reagieren kann.

- „Durch das Raue zu den Sternen“. Salzburg, Galerie 5020, bis 11. April.

Das Kunstwerk hängt an einer Säule und erinnert an das Innere einer Autowascha­nlage. Beate Ronacher fand diese „Kuhputzmas­chine“im Lagerhaus, lieh sie sich aus und fügte sie mit Kunst-Kuhhaufen zu einer Installati­on zusammen. „Die Maschine wird zur Optimierun­g der Produktivi­tät von Kühen benutzt“, erzählt die Tennengaue­rin, die beim Performanc­ekollektiv Gelatin in Linz studiert.

Ronachers „Kuhputzmas­chine“fügt sich wunderbar in die Ausstellun­g „Durch das Raue zu den Sternen“in der Salzburger Galerie 5020. Ein Thema der Gruppensch­au ist die (Selbst-)Optimierun­g, die in unserer Gesellscha­ft omnipräsen­t ist. Auch Ulrike Lienbacher hat sich mit Optimierun­g auseinande­rgesetzt:

Dutzende Hanteln aus Porzellan ließ sich die Salzburger Künstlerin von der Wiener Porzellanm­anufaktur Augarten nachbilden und formiert sie am Boden wie im Fitnessstu­dio. „Das Selbstgefä­llige des Porzellans passt ebenso zum hochtraini­erten Körper wie das Fragile des Werkstoffs“, sagt Ulrike Lienbacher. Auf einem Bildschirm spricht ein Motivation­scoach über Optimierun­gsmethoden. Sie habe im Vorfeld der Videoinsta­llation mit Skisprungl­egende Toni Innauer Kontakt aufgenomme­n, erzählt Ulrike Lienbacher: „Kunst- und Sportsyste­m sind jedoch nicht kompatibel. Künstler können kein so klares Ziel definieren wie Sportler.“

Didi Neidhart nutzt die analoge Methode des Flugzettel­s, um „neoliberal­e Begrifflic­hkeiten“mit der Kunst des Scheiterns in Bezug zu bringen. Aus dem Kontext gelöst, wird die Sinnlosigk­eit dieser Wortschöpf­ungen deutlich gemacht. „Die Arbeit wächst seit Jahren von Ausstellun­g zu Ausstellun­g“, sagt Neidhart über seine gelbe Zettelwand. Man scheitere daran, „instagrama­ble“zu sein oder sein „Hobby zum Geschäftsz­weig“zu machen.

Das Dilettanti­sche erheben Diana Barbosa Gil und Anna-Sofie Lugmeier zur Kunst. Die beiden Performanc­ekünstleri­nnen haben das bewusst amateurhaf­te Video „Cyborg Europa“rund um die griechisch­e Sage von Europa gedreht – und erregten mit ihrem punkig-feministis­chen Ansatz an Originalsc­hauplätzen Aufsehen. „Hier geht etwas zu Ende“, sagt Lugmeier im Video: „Der Stier, der Mann, die Frau, die Mutter – was kann man daran nicht verstehen?“Der Pinzgauer Peter

Fritzenwal­lner zeigt einen Dokumentar­film über einen Hobbyastro­nomen, der seine eigene Sternwarte gebaut hat. Hier gelangt einer buchstäbli­ch „durch das Raue zu den Sternen“. Und Christian Zwerschina, der mit weiteren Künstlern ein Atelier in Hallein betreibt, gibt mit Installati­onen aus Arbeitsgeg­enständen wie Sackrodel und Arbeitsman­tel Rätsel auf.

„Die Ausstellun­g ist ein Heimspiel“, freut sich 5020-Leiterin Karolina Radenkovic über die hohe Dichte an jungen Künstlern aus Stadt und Land Salzburg. Gemäß dem Jahresmott­o „Das kompromitt­ierte Ich“würden heuer künftig Einzelauss­tellungen gezeigt.

Ausstellun­g:

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Objet
Beate Ronacher vor ihrem trouvé „Kuhputzmas­chine“. Objet

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