So kühn war Salzburg noch nie
Eines der teuersten politischen Projekte der Nachkriegsgeschichte wird konkret: Gelingt mit der Regionalbahn durch die Stadt und bis Hallein die Öffi-Revolution? Oder ist der Plan nur halsbrecherisch gewagt?
Selten wurde das eher verschlafene Salzburg mit politischen Großprojekten derart aufgerüttelt: In der Erkenntnis, dass es auf Salzburgs Straßen mit den endlosen Staus so nicht weitergehen kann, greift die Politik durch: Stadt und Land schultern nicht nur den defizitären Betrieb von Lokalbahn, Obus und Pinzgaubahn künftig allein und ohne die Salzburg AG. Sie treiben auch ein Großprojekt voran, das seit über einem Jahrzehnt durch das Land geistert: die Lokalbahn (unterirdisch) durch die Stadt bis zur Alpenstraße und weiter über der Erde bis Hallein zu verlängern.
Viele Bürger sehen darin noch immer ein unrealistisches Gespenst. Doch hinter den Kulissen werden Fakten geschaffen. Bis nächstes Jahr ist die Planung abgeschlossen, in drei Jahren soll gebaut werden. Und bis Ende des Jahrzehnts soll die neue Bahn fahren. Nicht (nur) bis zum Mirabellplatz, sondern bis Hallein.
Für Salzburg ist das an Kühnheit kaum zu übertreffen. Mit 650 Millionen Euro werden die reinen Baukosten beziffert. Ein möglicher Anstieg auf bis zu 850 Millionen ist Teil der Kalkulation. Der Chor der Spötter und Kritiker ist groß und wird wohl noch größer. Aber seien wir ehrlich: Wer den Zustand der Öffis beklagt, und das tun fast alle, muss dem großen Plan wenigstens die Chance geben, seine Realitätstauglichkeit zu beweisen.
Eine durchgehende Regionalbahn von der oberösterreichischen Grenze bis Hallein könnte den öffentlichen Verkehr im Zentralraum zweifellos revolutionieren. Mit Aus- und Umstiegsstellen quer durch die Stadt sowie Anbindungen an die SBahnen aus allen Richtungen. Alle paar Minuten ein Zug: Da wird jener spinnenförmige Linienplan sichtbar, den man von U-Bahnen aus Großstädten kennt.
Dass der zuständige Landesrat Stefan Schnöll (ÖVP) derart auf die Tube drückt, hat einen einfachen Grund: Die neue Bundesregierung hat Milliarden für regionale Öffi-Projekte ausgelobt. Die Chance, dass Salzburg endlich einmal zum Zug kommt, ist groß wie selten. Nicht nur, weil die politische Achse passt – Schnöll ist mit Kanzler Kurz befreundet. Auch weil Salzburg in der Frage erstmals politisch geeint in Wien auftritt. Die früheren Dissonanzen zwischen Stadt und Land hatten es den Wiener Ministern stets leicht gemacht, die Bitten aus Salzburg abzuschmettern. So flossen die Milliarden halt anderswo, speziell in die Wiener UBahn. Die historische Chance für Salzburg nun (wieder) nicht zu ergreifen wäre fahrlässig. Zumal die Konkurrenz groß ist – fast alle Bundesländer wollen derzeit Regionalbahnen (aus)bauen.
Die Wiener Parteifreunde zu überzeugen ist die eine Sache. Die skeptischen Salzburger Bürger zu gewinnen die andere. Viel zu teuer, viel zu riskant, warnen die Kritiker. Gerade die geologischen Risiken des Tunnelbaus unter der Stadt sind nicht zu unterschätzen. Das gehört rasch und professionell geklärt.
Wie viele Menschen würden umsteigen und das Auto stehen lassen? Auch diese entscheidende Frage ist offen. Zwar geistert das politische Ziel herum, 50.000 Autofahrten einzusparen, doch seriös fundiert ist das nicht. Tatsächlich ist der Salzburger Zentralraum mit seinen 370.000 Einwohnern für dieses Großprojekt grenzwertig klein. Die kritische Masse stellen erst die Nachbarregionen Richtung Bayern und