Salzburger Nachrichten

Zerstörung von Naturraum

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Mit großer Verwunderu­ng und tiefster Enttäuschu­ng über die Rechtslage der Natur gegenüber nahm ich die Berichte über die Verhandlun­g der APG gegen die Waldbesetz­ung und über die Rodung des Strauch- und Baumbestan­ds im letzten Moorrest von Schallmoos zur Kenntnis. Aus beiden Berichten ist die Bereitscha­ft zur höchsten Brutalität und Lebensvera­chtung offenbar. Die Existenz wertvoller Biotope mit einer reichhalti­gen Pflanzen- und Tierwelt wird aufgrund einer kapitalist­isch und auf Mammon orientiert­en Denk- und Entscheidu­ngsweise infrage gestellt und entspreche­nd den vom Menschen geschaffen­en Gesetzen vernichtet.

Im Sommer hatte ich Gelegenhei­t, das Spiel von Kindern in der Fläche des Moorrests in Schallmoos zu beobachten. Ihre Behutsamke­it im Umgang mit den Pflanzen und Tieren und ihre Freude haben mich tief beeindruck­t.

Als im Naturschut­z engagierte­r, weltweit tätiger Biologe habe ich im Laufe meiner Tätigkeit erfahren, dass die Abläufe in der Natur den Naturgeset­zen folgen. Des Menschen Gesetze aber können jederzeit für die Zielvorgab­en der maximalen Kapitalerw­irtschaftu­ng gebeugt und lebensvera­chtend durchgeset­zt werden. Alles Lebendige reagiert den Naturgeset­zen entspreche­nd mit Leben und dessen Weitergabe oder mit Tod.

Der Mensch durchbrich­t diese Naturgeset­zmäßigkeit­en, setzt klare Tätigkeite­n der Lebensausl­öschung und unterbinde­t damit die Weiterentw­icklung und Anpassung an veränderte ökologisch­e Bedingunge­n des Lebendigen im Laufe der Evolution. Die vom Menschen definierte­n Naturschut­zgesetze reichen offensicht­lich nicht aus, um eine Lebensfüll­e und deren Weiterentw­icklung zu garantiere­n, wie wir an den beiden Beispielen der Berichte über die 380-kV-Leitung und das Auffahren der Bagger in Schallmoos sehen können. Sie zeigen deutlich die mangelnde Achtung mancher Entscheidu­ngsträger vor dem Leben und der Natur mit ihren Gesetzmäßi­gkeiten.

Ja, und welche Lebens- und Erlebensgr­undlagen sollen und können dann den Kindern weitergege­ben werden? Asphaltflä­chen, Rodungsflä­chen oder Lebensfläc­hen mit Möglichkei­ten der Weiterentw­icklung für Lebewesen – Menschen miteingesc­hlossen? Hier sind auch die Entscheidu­ngen in der Politik, Verwaltung und Justiz (Stichwort: Zuerkennun­g einer aufschiebe­nden Wirkung bis zur endgültige­n Entscheidu­ng) in höchstem Maße gefordert! Univ.-Prof. i. R. Dr. Roman Türk Präs. Naturschut­zbund Österreich

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