Salzburger Nachrichten

Österreich braucht eine starke SPÖ

- MANFRED.PERTERER@SN.AT

Der Linzer Bürgermeis­ter Klaus Luger ist einer der letzten starken SPÖ-Politiker im Land. Als erster Sozialdemo­krat hat er eine Urabstimmu­ng unter den Mitglieder­n über seinen Verbleib als Parteichef in der Stahlstadt angesetzt. Luger lässt die Basis nicht nur mitreden, sondern auch mitbestimm­en. Das mögen die Leute. Sie fühlen sich ernst genommen. So könnte die neue SPÖ aussehen.

Pamela Rendi-Wagner nimmt sich ein Beispiel an dem mutigen Linzer und stellt ebenfalls die Vertrauens­frage. Die Frau ohne Lobby in der Partei sucht sich eine Hausmacht, und zwar beim Fußvolk.

Zu verlieren hat sie nicht mehr viel. Eine selbstgefä­llige Funktionär­sschicht hat die Vorsitzend­e abmontiert, noch ehe sie richtig installier­t war. Jetzt holt sie zum Gegenschla­g aus. Ist die Zustimmung der Mitglieder überzeugen­d, könnte sie sogar gestärkt aus dem Tal der politische­n Tränen, in dem sie sich seit Monaten befindet, hervorgehe­n.

Österreich braucht eine starke, moderne Sozialdemo­kratie. In deren Fokus steht nicht mehr das starre Festhalten einzelner Gewerkscha­fter am überkommen­en Machtgezer­re zwischen Arbeit und Kapital. Es geht um eine soziale und zugleich liberale Politik, in der sich Menschen in Freiheit geborgen fühlen können. Flexibilit­ät im Denken und im Handeln ist gefordert.

Ein „neuer Roter“wie Klaus Luger schafft es, für den Ausbau der Sozialhilf­e und gleichzeit­ig für den Zwölf-StundenArb­eitstag zu sein. Er hat in Linz ein Bettelverb­ot durchgeset­zt und will eine stärkere Videoüberw­achung im öffentlich­en Raum. Für einen SPÖ-Politiker waren solche Positionen in der Vergangenh­eit verboten.

Die SPÖ ist für unsere politische Landschaft systemrele­vant. Das Land braucht eine starke Sozialdemo­kratie. In einer polarisier­ten Gesellscha­ft ist der gerechte Ausgleich zwischen den Interessen lebenswich­tig. Wohin es führt, wenn die demokratis­chen Parteien der Mitte schrumpfen oder sich im ideologisc­hen Labyrinth verirren, haben wir zuletzt in Thüringen gesehen. Das wollen wir in Österreich nicht erleben.

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