Österreich braucht eine starke SPÖ
Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger ist einer der letzten starken SPÖ-Politiker im Land. Als erster Sozialdemokrat hat er eine Urabstimmung unter den Mitgliedern über seinen Verbleib als Parteichef in der Stahlstadt angesetzt. Luger lässt die Basis nicht nur mitreden, sondern auch mitbestimmen. Das mögen die Leute. Sie fühlen sich ernst genommen. So könnte die neue SPÖ aussehen.
Pamela Rendi-Wagner nimmt sich ein Beispiel an dem mutigen Linzer und stellt ebenfalls die Vertrauensfrage. Die Frau ohne Lobby in der Partei sucht sich eine Hausmacht, und zwar beim Fußvolk.
Zu verlieren hat sie nicht mehr viel. Eine selbstgefällige Funktionärsschicht hat die Vorsitzende abmontiert, noch ehe sie richtig installiert war. Jetzt holt sie zum Gegenschlag aus. Ist die Zustimmung der Mitglieder überzeugend, könnte sie sogar gestärkt aus dem Tal der politischen Tränen, in dem sie sich seit Monaten befindet, hervorgehen.
Österreich braucht eine starke, moderne Sozialdemokratie. In deren Fokus steht nicht mehr das starre Festhalten einzelner Gewerkschafter am überkommenen Machtgezerre zwischen Arbeit und Kapital. Es geht um eine soziale und zugleich liberale Politik, in der sich Menschen in Freiheit geborgen fühlen können. Flexibilität im Denken und im Handeln ist gefordert.
Ein „neuer Roter“wie Klaus Luger schafft es, für den Ausbau der Sozialhilfe und gleichzeitig für den Zwölf-StundenArbeitstag zu sein. Er hat in Linz ein Bettelverbot durchgesetzt und will eine stärkere Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Für einen SPÖ-Politiker waren solche Positionen in der Vergangenheit verboten.
Die SPÖ ist für unsere politische Landschaft systemrelevant. Das Land braucht eine starke Sozialdemokratie. In einer polarisierten Gesellschaft ist der gerechte Ausgleich zwischen den Interessen lebenswichtig. Wohin es führt, wenn die demokratischen Parteien der Mitte schrumpfen oder sich im ideologischen Labyrinth verirren, haben wir zuletzt in Thüringen gesehen. Das wollen wir in Österreich nicht erleben.