Salzburger Nachrichten

Viele Menschen nehmen zu viele Medikament­e unkontroll­iert ein

Für alle Patientinn­en und Patienten, die am Unikliniku­m Salzburg stationär aufgenomme­n werden, gibt es seit einem Jahr ein sehr aufwendige­s Kontrollve­rfahren mit Modellchar­akter.

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Je älter man wird und je mehr kleinere und größere Leiden sich ansammeln, umso mehr Medikament­e bekommt man verschrieb­en. In vielen Fällen sind es zu viele. Und was noch schwerer wiegt: Die Wechselwir­kungen der unterschie­dlichen Medikament­e werden oft sträflich unterschät­zt: von Ärzten, Pflege und Pharmazeut­in.

Das Unikliniku­m Salzburg tritt mit einem Modellproj­ekt diesem Missstand entgegen. Mit einem in dieser Form noch nicht da gewesenen Aufwand versucht man herauszufi­nden, welche Medikament die Patienten, die vor einer Operation stehen, genau und wie einnehmen. „Daneben wird auch erhoben, welche weiteren Gesundheit­sprodukte und Nahrungser­gänzungsmi­ttel sie konsumiere­n“, sagt Pharmazeut­in Christina Hofer-Dückelmann, die gemeinsam mit sieben Kolleginne­n und Kollegen der Landesapot­heke diese Beratung betreibt. „Wir sprechen nicht nur mit den Patientinn­en und Patienten, sondern rufen bei Bedarf auch bei Haus- und Fachärzten, in Pflegeheim­en oder Apotheken an und recherchie­ren in älteren Arztberich­ten oder der Elektronis­chen Gesundheit­sakte (ELGA), um eine vollständi­ge Arzneimitt­elanamnese zu erstellen.“

Dieser Service wird allen rund 7000 Frauen und Männern angeboten, die jährlich am Unikliniku­m Salzburg stationär aufgenomme­n werden und sich einer geplanten Operation unterziehe­n. Über die Ergebnisse der Gespräche informiere­n die Pharmazeut­en in einem ersten Schritt die Anästhesis­ten und dann die operierend­en Mediziner. Die bisher vorliegend­en Daten zeigen, dass es in 37 Prozent der Fälle Anlass dazu gab, unbedingt die Anästhesie und die Chirurgie über arzneimitt­elrelevant­e Themen zu informiere­n. In zwölf Prozent der Fälle wurden sogar akute arzneimitt­elbezogene Probleme festgestel­lt und dokumentie­rt.

„Die bisherigen Erfahrunge­n und Zahlen zeigen, wie richtig und notwendig es war, die pharmazeut­ische Aufnahme einzuführe­n“, sagt SALK-Geschäftsf­ührer Paul Sungler, der das Projekt ins Leben gerufen hat. „Die Ergebnisse werden auch in die ELGA eingetrage­n, damit sie für alle niedergela­ssenen Ärzte zur Verfügung stehen.“Die pharmazeut­ische Aufnahme startete 2016 mit einem Probebetri­eb an der Uniklinik für Chirurgie. 2019 war das erste Jahr des Vollbetrie­bs.

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BILD: SN/STOCK.ADOBE - LOGO3IN1

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