Reaktion auf Ibiza: Regierung plant bessere Kontrolle der Parteispenden
Im Ibiza-Video erklärt Strache, wie man Spenden am Rechnungshof vorbeischummelt. Die Behörden stießen nun auf Großspenden an FPÖ-nahe Vereine. Künftig dürfte es schwieriger werden, den Rechnungshof auszutricksen.
Der Verdacht, dass die FPÖ unter ihrem damaligen Parteichef Heinz-Christian Strache eigens gegründete Vereine zur Parteienfinanzierung nutzte, hat sich laut Medienberichten im Zuge der Ermittlungen der Justiz verdichtet. Die Politik hat bereits auf die mögliche Umgehung des Parteienfinanzierungsgesetzes,
die durch das Ibiza-Video offenkundig wurde, reagiert. Laut Plänen der neuen Regierung sollen die Kompetenzen des Rechnungshofs bei der Parteienkontrolle ausgebaut werden. Die RH-Kontrollore sollen eigenständig erheben dürfen, ob über Vereine Geld an Parteien floss.
WIEN. „Ich kann ein paar nennen, aber die zahlen nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein.“– So äußerte sich am legendären Abend in Ibiza der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache über finanzielle Wohltäter seiner Partei. „Die umgehen das mit Vereinen.“– Diese Erklärung schob sein damaliger Adlatus Johann Gudenus nach.
Die beiden damaligen FPÖ-Spitzenpolitiker wollten der angeblichen Oligarchennichte, die sie in die Falle gelockt hatte, klarmachen, wie man in Österreich Geld an Parteien fließen lassen könne, ohne dass der Rechnungshof dies mitbekomme. Grund genug für die Staatsanwaltschaft, nach Bekanntwerden dieser Gespräche via IbizaVideo Ermittlungen aufzunehmen.
Einem Bericht des Ö1-„Morgenjournal“und des „Standard“zufolge hat sich die diesbezügliche Verdachtslage verdichtet. Demzufolge gehen die Ermittler davon aus, dass die Vereine „Patria Austria“, „Austria in Motion“, „Wirtschaft für Österreich“sowie das „Institut für Sicherheitspolitik“seinerzeit „in Absprache mit Strache und Gudenus“mit dem Vorsatz gegründet worden seien, „finanzielle Zuwendungen für die FPÖ respektive Heinz-Christian Strache zu lukrieren“. Unter anderem sollen die ILAG-Vermögensverwaltung der Familie Turnauer sowie der Waffenhersteller Steyr Arms Geld überwiesen haben. In diesem Zusammenhang stellen sich einige Fragen:
1. Gibt es fragwürdige Vereinslösungen nur im FPÖ-Umfeld?
Im letzten Wahlkampf gab es etwa Debatten über den Verein „GewerkschafterInnen in der SPÖ“, der formal weder mit der SPÖ noch mit dem Gewerkschaftsbund etwas zu tun hatte – und dennoch finanzund tatkräftig die Kampagne von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner unterstützte. Auch derartige Transfers von nahestehenden Organisationen an Parteien unterliegen laut Parteienfinanzierungsexperten der im letzten Sommer eingeführten Spendendeckelung und wären daher eine unzulässige – weil zu hohe – Spende.
Unmittelbar nach dem Ibiza-Video überprüfte die Justiz mögliche Geldflüsse an 13 parteinahe Vereine. Dazu zählten neben sieben FPÖnahen Vereinen auch Unterstützervereine für ÖVP-Politiker. Auch ein Verein im Umfeld des von der Wiener SPÖ veranstalteten Donauinselfests wurde aktenkundig, ebenso ein der SPÖ zugerechneter Verein um eine 2017 gegründete Wahlkampfplattform.
2. Sind Spenden an parteinahe Vereine illegal?
Jedenfalls dann, wenn politische Gegenleistungen durch die Partei für den Spender mit der Zahlung verknüpft sein könnten oder handfeste politische bzw. wirtschaftliche Interessen des Spenders im Hinblick auf die Vergabe von Lizenzen oder Aufträgen im Einflussbereich der Politik dahinterstehen. Diesbezügliche Vorwürfe prüft die Justiz im Zusammenhang mit der CasinosAffäre. Auch wenn Geld vom Verein an Politiker weitergeleitet wird, ohne in den Büchern der Partei aufzuscheinen, bekommen die Beteiligten strafrechtliche Probleme.
3. Gab es Konsequenzen nach dem Ibiza-Video?
Unmittelbar im Gefolge der IbizaAffäre beschloss der Nationalrat eine drastische Einschränkung von Parteispenden. Seit 1. Juli 2019 darf kein Spender einer Partei mehr als 7500 Euro pro Jahr zukommen lassen. Keine Partei darf mehr als 750.000 Euro jährlich an Spenden lukrieren. Alle Beträge über 2500 Euro (statt zuvor 51.000 Euro) müssen zudem „unverzüglich“öffentlich gemacht werden. Schon damals warnte der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger, dass die Einschaurechte des Rechnungshofs wieder nicht verschärft worden seien und dass die Spendenobergrenze von 750.000 Euro Umgehungskonstruktionen provozieren werde.
4. Wie weit gehen die Kontrollrechte des Rechnungshofs?
Nicht wirklich weit. Derzeit müssen sich die staatlichen Kontrollore auf die Angaben der Parteien und deren Wirtschaftsprüfer verlassen. Eine Nachschau der Rechnungshofprüfer ist nicht vorgesehen. Als durch das Ibiza-Video ruchbar wurde, dass die FPÖ mittels Spenden an „unabhängige“, aber parteinahe Vereine das Prüfsystem umgangen haben könnte, verlangte der Rechnungshof Aufklärung. Die FPÖ legte daraufhin Berichte ihrer Wirtschaftsprüfer zu fünf Vereinen vor – darunter „Austria in Motion“und „Wirtschaft für Österreich“, also jene beiden Vereine, die jetzt wieder in den Ermittlungen aufgetaucht sind.
Die FPÖ versicherte damals dem Rechnungshof, dass es zu keinen Zahlungen an die FPÖ oder deren Vorfeldorganisationen gekommen sei. Für den Rechnungshof blieben allerdings Zweifel, weshalb er eine Meldung an den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat im Bundeskanzleramt erstattete. Der prüft derzeit noch.
5. Was plant die neue Regierung?
Die Kontrolle der Parteifinanzen soll laut dem türkis-grünen Regierungspakt verschärft werden. Geplant ist eine deutliche Ausweitungen der Kompetenzen des Rechnungshofs. Die Prüfer sollen „originäre und direkte Kontroll- und Einschaurechte bei konkreten Anhaltspunkten zur Feststellung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Rechenschaftsberichts der Parteien und der Einhaltung des Parteiengesetzes“bekommen. Damit könnten die staatlichen Kontrollore selbst erheben, ob von einem Verein wie etwa „Austria in Motion“Gelder in die Kassa einer Partei geflossen sind. Sollte eine allfällige Vereinszahlung nicht in den Büchern der Partei aufscheinen, ist die Angelegenheit ohnedies ein Fall für das Strafrecht.