Der rechte Terror ist eine verkannte Gefahr
Politischer Wahn führt zu mörderischer Gewalt. Geistige Brandstifter befeuern rechten Terror. Aus Worten werden Waffen.
Zu denken ist jetzt zuallererst an die unschuldigen Menschen, die in der hessischen Stadt Hanau ermordet worden sind, und an das Unglück, das dies für deren Familien bedeutet. Nur Abscheu und kein weiteres Detail-Interesse gelten dem Wahnsinnigen, der, auf der Basis zusammengeklaubter Versatzstücke von Verschwörungstheorien und angetrieben von rassistischem Hass auf muslimische Migranten, das Verbrechen verübt hat. Danach aber ist drittens eine Analyse dessen vonnöten, was hinter der furchtbaren Nachricht steht. Die Lage ist klar zu benennen.
1. Im demokratischen Deutschland von heute ist rechter Terror zu einer realen Gefahr geworden. Die Sicherheitsbehörden zählen inzwischen Tausende gewaltbereite Rechtsextremisten.
2. Diese Umtriebe kommen nicht aus dem Nichts. Schon in den 1990er-Jahren haben Brandanschläge auf Asylbewerber-Unterkünfte einen Protest der Zivilgesellschaft („Aufstand der Anständigen“) ausgelöst. Dennoch wurde die rechtsextreme Gefahr verkannt, verharmlost und vernachlässigt. So konnte die Terrorzelle NSU über Jahre hinweg eine Blutspur durch die Republik ziehen. Politik, Polizei und Justiz haben es versäumt, den Rechtsextremisten im Sinne der Maxime „Wehret den Anfängen“mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.
3. Rechtsextreme Gewaltakte häufen sich. Mord an einem Politiker in Kassel, Anschlag auf die Synagoge in Halle, jetzt die Bluttat in Hanau – drei Mal in einem Dreivierteljahr haben Terroristen zuletzt die Bevölkerung in Schock versetzt. Die Täter fühlen sich offenbar nicht mehr isoliert, sondern aufgehoben in Teilen der Gesellschaft.
4. Das politische Klima verschärft sich. Hass und Gewalt fressen sich schon seit Jahren in die Gesellschaft hinein, sie verbreiten sich über die Kloake Internet. Rechtsextremisten sehen sich beflügelt durch den Gedankenmüll, der durch Politik und Parlamente rollt. Insbesondere die extrem rechte „Alternative für Deutschland“(AfD) trägt dazu bei – mit relativierenden Reden über die Naziverbrechen und mit Hetze gegen Zugewanderte und gegen demokratische Politiker, die für deren Integration eintreten.
5. Das Entsetzen muss endlich Folgen haben. Demokratische Parteien dürfen nicht paktieren mit der extremen Rechten, weder in Thüringen noch anderswo in der Republik. Vielmehr ist eine klare Abgrenzung von Kräften erforderlich, die politisches Gift in die Gesellschaft sprühen und damit dem rechten Terror einen Resonanzboden verschaffen.