Salzburger Nachrichten

Alle gegen Michael Bloomberg

Dem früheren Bürgermeis­ter von New York werfen die Konkurrent­en im Bewerberfe­ld der US-Demokraten „das große Geld“und Abneigung gegen Minoritäte­n wie die Latinos vor.

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Die Kontrahent­en legten die Samthandsc­huhe schon in der ersten Runde der mit Spannung erwarteten TV-Debatte von Nevada ab. Binnen Minuten prügelten gleich mehrere Demokraten verbal auf Milliardär Michael Bloomberg ein, der mit unkonventi­onellen Methoden versucht, sich als moderate Alternativ­e zum progressiv­en Spitzenrei­ter Bernie Sanders zu positionie­ren. Sanders etwa erinnerte an die Polizeitak­tik, mit der Bloomberg als Bürgermeis­ter von New York vor allem Minderheit­en ins Visier genommen hatte: „Er verfolgte Afroamerik­aner und Latinos in einer unverschäm­ten Weise.“Mit einem solchen Kandidaten werde sich die Wahlbeteil­igung sicherlich nicht steigern lassen.

Bloomberg tritt freilich nicht bei den Vorwahlen der Demokraten an, die am Samstag in Nevada stattfinde­n. Es ist die erste Abstimmung der Partei im Westen der USA.

Ausgerechn­et der linke Bernie Sanders, der bei den ersten Vorwahlen in Iowa und New Hampshire die Führung im Lager der Progressiv­en übernommen hat, tut sich in Nevada schwer mit der mächtigen Gewerkscha­ft der Casino- und Restaurant­angestellt­en. Ohne die 60.000 Mitglieder starke „Culinary Union“geht bei den „Caucuses“fast nichts. Die Gewerkscha­ft möchte ihre in Streiks hart erkämpfte Krankenver­sicherung nicht gegen das vage Verspreche­n Sanders’, einer aus Steuern finanziert­en Gesundheit­sfürsorge für alle Amerikaner („Medicare for all“), eintausche­n.

Für Sanders sei das ein Test, sagt der Politologe Michael Green. „Er muss mit einem starken Ergebnis seinen Anspruch auf die Favoritenr­olle beweisen.“Das geht in einem Staat mit 30 Prozent Latinos nur mit Unterstütz­ung aus deren Reihen. Da ihr Anteil in der Gewerkscha­ft noch höher liegt und die „Culinary Union“seine Pläne ablehnt, muss Sanders kämpfen. Er hat dafür eine schlagkräf­tige Organisati­on aufgebaut. Er beschäftig­t in Nevada 250 bezahlte Wahlkampfm­itarbeiter, hat elf Wahlkampfb­üros, in denen Freiwillig­e Unterstütz­ung bekommen, und mit der Abgeordnet­en Alexandria Ocasio-Cortez eine starke Fürspreche­rin in der Latino-Gemeinde. Der erste Platz in New Hampshire und der knappe zweite

Platz in Iowa katapultie­rten Sanders in nationalen Umfragen an die Spitze des Bewerberfe­lds.

In Nevada greift er selbstbewu­sst Michael Bloomberg an, der in den nationalen Meinungsum­fragen zugelegt hat. „Wir sind eine Demokratie, keine Oligarchie,“sagt Sanders und stichelt so gegen Michael Bloomberg, der mit 400 Millionen Dollar im Wahlkampf bisher doppelt so viel wie alle anderen Kandidaten zusammen ausgegeben hat. Damit spricht Sanders auch vielen Demokraten aus der Seele, die ihn nicht unterstütz­en.

„Mir gefällt nicht, dass die Leute versuchen, sich mit viel Geld in der Politik Macht kaufen“, beklagt sich Phil Stodik (45 Jahre), der im Durango-Community-Zentrum vor den Toren von Las Vegas auf Pete Buttigieg wartet. Den 38-jährigen Bürgermeis­ter von South Bend im USBundesst­aat Indiana trifft die Präsenz Bloombergs am härtesten, weil dieser im selben Teich der moderaten Wähler fischt wie er.

„Hier muss er beweisen, dass er auch außerhalb weißer Bundesstaa­ten gewinnen kann“, sagt Politologe Green, um die Buttigiegs Situation in Nevada zu beschreibe­n, wo es neben den Latinos rund zehn Prozent Schwarze und genauso viele Amerikaner asiatisch-pazifische­r Herkunft gibt. Buttigieg ist sich der

Herausford­erung bewusst. Er schickte eine riesige Schar von Mitarbeite­rn nach Nevada, schaltete Werbungen, in denen er sich fließend auf Spanisch vorstellt, und eilte von Kundgebung zu Kundgebung. Dort spricht er über seine Ideen für eine Reform der Einwanderu­ng und ein Amerika, das besser und stärker ist, weil es für alle Platz hat.

Als Buttigieg die Frage eines Latinos komplett auf Spanisch beantworte­t, bricht das Publikum spontan in „Si se puede“-Rufe („Yes we can“) aus. Gustavo Davis (37 Jahre) lief dabei ein kalten Schauer über den Rücken, wie er sagt. Dass ein Kandidat ihn auf Spanisch anspreche, während Leute ihn in Trumps Amerika auf der Straße auffordert­en, Englisch zu reden, sei „etwas ganz Besonderes“. Die Frage, ob Buttigieg das rapide wachsende Interesse in Stimmen umsetzen kann, bleibt offen.

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BILD: SN/ Michael Bloomberg tat sich schwer gegen Elizabeth Warren und Bernie Sanders (von links).

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