Salzburger Nachrichten

Als Herbert von Karajan das Neutor sperren ließ

Viele Anekdoten ranken sich um die Festspiele. Reichlich Futter für die Salzburger Fremdenfüh­rer, die am Samstag kostenlose Touren anbieten.

- Inez Reichl-de Hoogh, Obfrau der Salzburger Fremdenfüh­rer

SALZBURG-STADT. Einen Tag im Jahr sind die Salzburger Fremdenfüh­rer nicht vorrangig für Touristen, sondern für Einheimisc­he da. Am Welttag der Fremdenfüh­rer bieten sie seit 1987 kostenlose Touren zu wechselnde­n historisch­en Themen an. Am Samstag dreht sich – passend zum 100. Geburtstag der Salzburger Festspiele – alles um „Festspiele­reien“. „Wir haben sehr viele Anekdoten gesammelt und freuen uns sehr“, sagt Inez Reichl-de Hoogh, die Obfrau der Salzburger Fremdenfüh­rer.

Ihren Ausgangspu­nkt nimmt die Tour bei der Stiftung Mozarteum in der Schwarzstr­aße, wo alles begann. Auf Initiative der Sopranisti­n Lilli Lehmann entstanden dort die Salzburger Musikfeste, die als Vorläufer der Festspiele gelten. „Junge Damen durften allerdings nicht durch den Haupteinga­ng, sondern wurden seitlich hineingesc­hleust, damit sie nicht beim Anblick der nackten Mozartstat­ue ,hitzig erregt‘ werden“, erzählt Reichl-de

Hoogh. Weiter geht es zum Landesthea­ter, wo Festspielg­ründer Max Reinhardt auftrat. Dessen Freundscha­ft mit Erzbischof Ignaz Rieder machte es übrigens erst möglich, dass beim „Jedermann“auf dem Domplatz die Kirchenglo­cken außertourl­ich läuten durften. Die Entscheidu­ng, dieses Stück aufzuführe­n, sei erst vier Wochen vorher gefallen, sagt die Fremdenfüh­rerin. „Damals nach dem Krieg war der Eintritt frei und die Künstler sind für die gute Sache aufgetrete­n“, was heute wohl undenkbar wäre.

Apropos undenkbar: Stardirige­nt Herbert von Karajan hatte bekanntlic­h eine Vorliebe für schnelle Sportwagen. Er ließ sich auf eine Wette mit Opernsänge­rin Grace Bumbry ein, der ersten dunkelhäut­igen Sängerin in einer Wagner-Oper. „Bumbry fuhr einen Lamborghin­i, Karajan einen Ford. Das Neutor wurde gesperrt und sie traten gegeneinan­der an“, erzählt Reichl-de Hoogh. Als Karajan verlor, gab er am nächsten Tag den Ford zurück und bestellte wieder einen Porsche.

In den ersten Jahren der Festspiele seien vorrangig MozartOper­n und Werke deutscher Komponiste­n aufgeführt worden. „Das hat sich erst mit Arturo Toscanini geändert, er hat auch italienisc­he Opern ins Spiel gebracht“, sagt die Fremdenfüh­rerin. Der Maestro habe in seinem Enthusiasm­us öfter Taktstöcke zerstört und die Musiker nannten ihn liebevoll „Toscanono“– „weil er immer, wenn er nicht zufrieden war, ,no, no, no‘ gesagt hat“.

Auch heute sind die Festspiele nicht arm an Anekdoten: Zum Beispiel werden für die Dekoration nur echte Blumen verwendet. Gut in Erinnerung ist auch der Siebenschl­äfer, der im Festspielh­aus das Rampenlich­t suchte.

Eine Anmeldung für die Führungen (Sa., 9–17 Uhr) ist nicht nötig; freiwillig­e Spenden für Restaurier­ungsprojek­te erbeten.

„Wir freuen uns sehr auf die Führungen.“

 ?? BILD: SN/ROBERT RATZER ?? Fremdenfüh­rerin Inez Reichl-de Hoogh und ihre Kollegen haben viele Anekdoten rund um die Festspiele gesammelt. Zum Beispiel jene über den Skandal, den der nackte Mozart auslöste.
BILD: SN/ROBERT RATZER Fremdenfüh­rerin Inez Reichl-de Hoogh und ihre Kollegen haben viele Anekdoten rund um die Festspiele gesammelt. Zum Beispiel jene über den Skandal, den der nackte Mozart auslöste.

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