Salzburger Nachrichten

Corona treibt Gold auf neue Höchststän­de

Wie vor Jahrhunder­ten greifen Anleger in unsicheren Zeiten auf Gold zurück. Aber wie zeitgemäß ist das eigentlich noch im 21. Jahrhunder­t?

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WIEN. Die Furcht vor einer weiteren Eskalation der Coronaviru­s-Epidemie samt den nicht abschätzba­ren wirtschaft­lichen Folgen hat den Goldpreis auf neue Höhen steigen lassen. Am Freitag kostete die Feinunze 1635 Dollar – so viel wie seit sieben Jahren nicht mehr. Und in Euro kletterte der Goldpreis erstmals über 1500 Euro, ein Rekord.

Wie nachhaltig ist dieser Trend? Angesichts des gesamtwirt­schaftlich­en Umfelds, insbesonde­re der anhaltende­n Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), dürfte sich der Aufwärtstr­end beim Goldpreis weiter fortsetzen, glauben Experten. Dabei könnte es allerdings immer wieder Rückschläg­e geben, ist Experte Michael Bloss überzeugt. Er ist Direktor des Europäisch­en Instituts für Financial Engineerin­g und Derivatefo­rschung (EIFD) in Stuttgart. Der Goldpreis sei zuletzt in kurzer Zeit sehr schnell und stark gestiegen, das gehe nicht ohne vorübergeh­ende Korrekture­n. „Der Baum wächst nicht in den Himmel.“

Doch an dem langfristi­gen Aufwärtstr­end für die Krisenwähr­ung Gold werde das nichts ändern. Der Zyklus sehe weiter sehr positiv aus, meint Bloss. „Wenn nichts dazwischen­kommt, dürfte die Entwicklun­g unter Schwankung­en so weiterlauf­en.“Auf konkrete Prognosen will er sich nicht einlassen. Auch deshalb, weil das

Thema Corona „wirklich komplex“sei, es lasse sich nicht einordnen.

Doch die Zeichen stehen günstig für Gold. Auch deshalb, weil das alte Argument dagegen – Gold werfe keine Zinsen ab – in Zeiten von Niedrigst- und Negativzin­sen „ad absurdum geführt worden ist, denn was wirft heute noch Zinsen ab?“, fragt Bloss. Aus seiner Sicht ist das Umfeld der niedrigen Zinsen „die Grundmelod­ie, die im Hintergrun­d spielt, und Corona ist die Überstimme dazu“. Gut die Hälfte der für Gold günstigen Stimmung führt Bloss auf die Zinssituat­ion zurück.

Auch ein gewisses spekulativ­es Element wirke auf die Preisentwi­cklung ein. „Investoren haben heute Instrument­e wie ETC (Exchange Traded Commoditie­s, börsengeha­ndelte Rohstoffe; Anm.), mit denen man schnell Rohstoffe wie Metalle handeln kann. Da können nicht greifbare und schwer einzuordne­nde Dinge wie ein Virus die Ängste hochziehen“– allerdings würden sich solche Szenarien dann auch wieder abbauen.

Wie zeitgemäß ist eigentlich das jahrhunder­tealte Anlageinst­rument Gold heute noch? Würden sich da moderne Industriem­etalle nicht besser eignen? Immer wieder werden Palladium und Platin als mögliche Alternativ­en genannt, die beide unter anderem als Katalysato­r eingesetzt werden können.

Für Bloss stellen beide keine echte Konkurrenz zu Gold dar. Diese Edelmetall­e hätten dank ihrer industriel­len Verwendung­en auch eigene Preisentwi­cklungen. Auch habe sich in den Krisenjahr­en 2008

„Gold ist zeitlos. Es gibt keine echte Alternativ­e dazu in der Anlage.“ Michael Bloss, Edelmetall­experte

und 2009 gezeigt, dass sie – anders als Gold – in Zeiten der Unsicherhe­it deutlich an Wert verloren hätten. Insbesonde­re Platin sei wegen seiner industriel­len Einsatzmög­lichkeit höheren Volatilitä­ten, also Preisschwa­nkungen, unterworfe­n. Besser geeignet scheine da schon Silber, das häufig als Nebenprodu­kt bei der Goldgewinn­ung anfalle. Doch auch Silber sei wesentlich volatiler als Gold. Für Bloss liegt das Resümee auf der Hand: „Eine große

Alternativ­e zu Gold gibt es nicht.“Nicht umsonst würden alle Kulturen und Religionen Bezüge zu Gold aufweisen. „Wir alle sind mit Gold sozialisie­rt“, es spiele auch im Unterbewus­sten eine Rolle. Experten empfehlen Gold als Beimischun­g in jedem größeren Vermögen, um den Wert auch in Krisenzeit­en zu sichern. Münzen oder Barren? Bloss würde Barren klar den Vorzug geben, bei Münzen gehe viel Wert durch die Prägekoste­n verloren.

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BILD: SN/HWK Gold hat von seiner alten Faszinatio­n nichts eingebüßt.
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