Spitalspersonal nach Ausflug in Quarantäne
Mitarbeiter in ganz Österreich sind betroffen. Südtirol bestätigt ersten Coronavirus-Fall.
Die Angst vor einer möglichen Verbreitung des Coronavirus in Österreich greift weiter um sich. In Südtirol ist am Montag ein erster CoronavirusFall gemeldet worden. Es handelt sich laut Behörden um einen 31-jährigen Mann. Der Patient liegt derzeit in Bozen im Krankenhaus.
Vorsorgliche Quarantänemaßnahmen gab es am Montag für Dutzende Spitalsmitarbeiter. Davon betroffen war auch Salzburg. Anlass war ein Betriebsausflug der Salzburger Landeskliniken, der in die Nähe von Venedig geführt hatte. Die Lagunenstadt sollte am Sonntag besucht werden. Zum Zeitpunkt der Organisation des Ausflugs war das Coronavirus von China noch nicht in Oberitalien angekommen. Seit dem Wochenende ist das anders. Italien meldet mehrere Tote und Hunderte Erkrankte. Die Behörden in Österreich sind in höchster Alarmbereitschaft.
Größte Vorsicht lassen die Landeskliniken in Salzburg dennoch walten. Jene 28 Mitarbeiter, die von dem Ausflug am Montag zurückgekehrt sind, wurden vorsorglich dienstfrei gestellt und in häusliche Quarantäne geschickt. Nach einem Ausflug l nach Venedig sind auch elf steirische Spitalsmitarbeiter sowie 50 Mitarbeiter des Universitätsklinikums St. Pölten vorübergehend außer Dienst. Für Panik gibt es laut Experten hierzulande keinen Grund.
SALZBURG. In Italien haben sich erstmals Menschen mit dem Coronavirus infiziert, die nicht aus dem Hauptinfektionsgebiet Wuhan oder sonst wo aus China kommen. Das vergrößert die Ausbreitungsgefahr in Europa. Die SN haben Richard Greil, bei dem am Uniklinikum Salzburg die Fäden im Coronamanagement zusammenlaufen, die wichtigsten Fragen zu diesem Thema gestellt. Ständig aktualisierte Sicherheitshinweise und gesicherte Daten und Fakten findet man auch auf der Homepage der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit).
1.
Gibt es neue, bisher noch nicht bekannte Informationen zum Coronavirus? Je mehr gesicherte Daten man über das Virus hat, umso mehr zeigt sich auch, dass die Inkubationszeit bis zu einem Monat betragen kann. Bisher ist man von rund 14 Tagen ausgegangen.
Die Infektion erfolgt in 85 Prozent der Fälle recht harmlos mit Symptomen wie Schnupfen oder leichtem Fieber bis 38 Grad. Also keine Symptome wie bei einer echten Grippe, sondern eher wie bei einem grippalen Infekt.
Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sich das Virus regional so stark und so schnell ausbreiten kann wie jetzt in Italien zum Beispiel. Die Menschen gehen dadurch auch nicht zum Arzt, was es in der Folge umso schwieriger macht, die Personen zu finden, von denen sich das Virus ausbreitet.
2.
Können die rigorosen Maßnahmen, wie sie derzeit in Italien getroffen werden, die Verbreitung des Virus überhaupt aufhalten? Wahrscheinlich nicht. Ein ganz wesentlicher Punkt wird daher sein, die Menschen möglichst schon zu Hause zu isolieren. In Italien dürfte sich das Coronavirus zum Beispiel über Notfallambulanzen verbreitet haben.
Experten wie Richard Greil plädieren jetzt dafür, die Menschen mit milden Symptomen der Erkrankung möglichst zu Hause zu behalten. Treten starke Symptome auf, müssen sie natürlich sofort ins Krankenhaus. In fünf bis zehn Prozent der Fälle leiden die Menschen, die mit dem Coronavirus angesteckt wurden, unter schweren bis schwersten Lungenentzündungen mit Atemnot, hohem Fieber und dergleichen mehr.
3.
Worauf müssen wir uns nach der Entwicklung in Italien einstellen? Die Experten gehen davon aus, dass die jetzt in Italien infizierten Menschen nicht mehr ausschließlich Rückkehrer aus Wuhan bzw. aus China sind. Das heißt, das Virus hat in unserem Nachbarland bereits weitere Kreise gezogen. Entscheidend für die Entwicklung in Europa wird aber sein, wie schnell und ob sich das Virus von Italien aus jetzt rasch weiterverbreitet.
Richard Greil hat zum Beispiel in seiner Klinik, der III. Inneren Medizin am Uniklinikum Salzburg, die Mitarbeiter schon dazu angehalten, großzügig Tests bei jenen Patienten zu machen, die wegen erhöhter Temperatur und Infektionsanzeichen stationär aufgenommen werden. Eine Vorsichtsmaßnahme wäre auch, wenn man aus Risikogebieten in China kommt, nach der Rückkehr zumindest 14 Tage lang zu Hause zu bleiben, auch wenn man keine Krankheitssymptome aufweist. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage, aber es ist zum Beispiel eine medizinische Empfehlung Greils.
Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) betont: Sollte man während der Reise oder innerhalb von 14 Tagen nach der Rückkehr aus China Symptome wie Fieber, Husten oder Atembeschwerden entwickeln, gelten folgende Vorgehensweisen: Bleiben Sie zu Hause und kontaktieren Sie die telefonische Gesundheitsberatung unter der Telefonnummer 1450 zur weiteren Vorgehensweise (diagnostische Abklärung). Informieren Sie die zuständige Gesundheitsbehörde.
4.
Die Grippeviren schlagen vor allem im Winter zu. Kann man davon ausgehen, dass sich die Probleme mit
dem Coronavirus demnächst bald erledigt haben?
Grippeviren vermehren sich bei Kälte und unter den Bedingungen, unter denen Menschen im Winter leben, besonders stark. Da es ähnliche Symptome wie bei einer Influenza gibt, wäre dieser Schluss auch für die Coronaviren naheliegend. Faktum ist aber: Es gibt derzeit wissenschaftlich keinen Beleg dafür. Alle Prognosen über absehbare Höhepunkte der Infektionswelle werden derzeit allein auf Basis epidemiologischer Berechnungen und der bisherigen Erfahrungen mit dem Virus gemacht.
5. Wie zuverlässig sind die derzeitigen Tests?
Aufgrund der langen Inkubationszeit wird heftig diskutiert, ob Menschen ohne Symptome auch mit den bisherigen Testverfahren positiv getestet werden können.
Faktum ist aber: Derzeit kann man das nicht mit Sicherheit sagen. Deshalb gibt es auch bei den bestehenden Testmethoden ein Restrisiko. Die Tests suchen in den gezogenen Proben nach Gensequenzen des Coronavirus.
6. Muss man befürchten, dass sich das Coronavirus verändert und noch aggressiver wird?
Derzeit gibt es keine wissenschaftliche Grundlage dafür, dass es sich rasend schnell verändern würde. Ausschließen kann man es nicht. Die Experten sind daher trotz aller Aufregung nach wie vor nicht stärker beunruhigt als bei einer stark auftretenden Influenza.
Die Mortalität ist beim Coronavirus etwas höher als bei den Influenzaviren. Allerdings muss man alle in diesem Zusammenhang kolportierten Zahlen immer mit Vorsicht betrachten, weil das zum einen vom jeweiligen Virus abhängt und zum anderen davon, ob das Grippevirus die direkte oder „nur“die indirekte Todesursache ist.
Auch beim Coronavirus muss man in Betracht ziehen, wer derzeit tatsächlich als infiziert erfasst wird. Wenn bei einem Großteil der mit dem Virus angesteckten Personen nur schwache Krankheitssymptome auftreten, muss man davon ausgehen, dass viele Betroffene in den bisher vorliegenden Statistiken gar nicht aufscheinen.
7. Bis wann kann man mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus rechnen?
Man rechnet, dass ein Impfstoff bis April, Mai vorliegen wird. Zuerst wird er aber voraussichtlich in China eingesetzt werden. Es laufen in China auch eine Reihe von klinischen Studien, vorwiegend von USFirmen, über antivirale Stoffe, die bisher unterschiedlich gegen HI-Viren (Aids) oder Influenzaviren verwendet worden sind.
8. Wie kann man sich am besten vor dem Coronavirus schützen?
Die Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist der wichtigste Infektionsweg. Neben den Sekreten des Atmungstrakts und dem Speichel könnten auch Ausscheidungen (Harn, Stuhl) und Körperflüssigkeiten (Blut, Rippenfellflüssigkeit, Gelenkpunktate, usw.) infektiös sein.
Ähnlich wie gegen Influenzaviren und grippale Infekte ist eine wichtige Vorbeugemaßnahme mehrmals tägliches Händewaschen mit Wasser und Seife oder mit einem alkoholhaltigen Desinfektionsmittel. Beim Husten oder Niesen
sollte man Mund und Nase mit einem Papiertaschentuch bedecken (nicht in die Hände niesen). Und letztlich: direkten Kontakt zu kranken Menschen vermeiden.
Einmal-Mundschutzmasken sind kein wirksamer Schutz gegen Viren, die in der Luft übertragen werden. Oft infiziert man sich auch über die Hände, wenn man damit Schleimhäute im Gesicht berührt. Aber Masken können dazu beitragen, das Risiko der Weiterverbreitung des Virus durch „Spritzer“von Niesen oder Husten zu verringern.
9. Gehen von chinesischen Touristen Gefahren aus?
Touristen, die aus China nach Österreich mit dem Flugzeug einreisen, werden mit einem Temperaturscanner kontrolliert, um eine etwaige Erkrankung zu erkennen. Die Passagiere werden zudem vor ihrem Abflug in China untersucht. Die Behörden kontrollieren auch, ob sie in der jüngsten Vergangenheit in der Krisenregion rund um Wuhan waren. Wie bei allen Infektionskrankheiten sind Fernreisen ein gewisses Risiko für die weltweite Verbreitung von Krankheitserregern.