Salzburger Nachrichten

Haubenkoch setzt auf Salzburger Kalb

Der Preis ist zu hoch, das Fleisch zu dunkel? Haubenkoch Patrick Pass zeigt, dass heimisches Kalb für die Top-Gastronomi­e interessan­t sein kann.

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Der Preis ist zu hoch, das Fleisch zu dunkel? Haubenkoch Patrick Pass zeigt, dass heimisches Kalb für die Top-Gastronomi­e interessan­t sein kann.

Für Zwei-HaubenKoch Patrick Pass ist weder der höhere Preis noch die dunklere Farbe des heimischen Kalbfleisc­hes eine Hürde. Die rosarote Farbe des Fleisches – sie kommt daher, weil die Tiere neben Milch auch Heu als Futter erhalten – tue der Qualität des Fleisches keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, sagt er. „Wir wissen, woher die Tiere kommen, nämlich von Lungauer Biobauernh­öfen“, erklärt Patrick Pass. Auch der Gedanke, auf diese Weise Tiertransp­orte und damit auch Tierleid zu verhindern, motiviert Patrick Pass.

Von 82.000 im Vorjahr in Salzburg geborenen Kälbern wurden 46.000 verkauft. Knapp 23.800 davon sind in einem Zucht- oder Mastbetrie­b in Österreich verblieben, 22.000 Salzburger Kälber wurden exportiert. Von Salzburg aus ins Ausland transporti­ert wurden zudem 19.000 weitere Kälber, die woanders als in Salzburg geboren wurden. Die Exportländ­er: Italien, Spanien, Polen und Deutschlan­d.

Das in Österreich verzehrte Kalbfleisc­h wird überwiegen­d importiert – aus den Niederland­en, Dänemark und Spanien. Dort werden die Tiere im großen Stil – häufig mit Milchausta­uscher – gemästet. Heimische Betriebe können da nicht mithalten.

Auf Nachfrage erklärt Patrick Pass seinen Gästen im Fritz & Friedrich im Skigebiet Obertauern, woher die Farbe „seines“Kalbfleisc­hes komme. „Häufig höre ich dann: Interessan­t, das habe ich nicht gewusst.“Und: Statt nur auf Edelteile setzt er auf das ganze Kalb. Aus den Knochen produziert er Kalbsjus, das Herz wird gepökelt, geräuchert und wie ein Schinken aufgeschni­tten, aus dem Wadschinke­n macht er Kalbsrahmg­ulasch. „Damit wird das heimische Kalbfleisc­h leistbar, obwohl ich zehn Prozent mehr dafür bezahle als für herkömmlic­hes Kalbfleisc­h.“

Finanziell ist es ein Grenzgang: Drei Lungauer Biobauern behalten ihre Kälber dreieinhal­b Monate auf dem Hof, anstelle sie zwei Wochen nach der Geburt zu verkaufen. In der Zeit füttern sie die Tiere mit Milch, aber auch mit Heu und Stroh. 1200 bis 1300 Liter Milch sind es, die ein Kalb trinkt, bis Christian Wirnsperge­r – er ist einer der drei Bauern – es an den Lungauer Biometzger Hannes Hönegger verkauft. Normalerwe­ise würde er diese Milch als „Reine Lungau“Milch um 60 Cent pro Liter verkaufen. 720 bis 780 Euro kostet also allein die Milch, die der Landwirt an das Kalb verfüttert. Und das ist in etwa auch der Mehrpreis, den er für das dreieinhal­b Monate alte Kalb erhält. Nicht abgegolten werden dem Bauern damit Arbeitsauf­wand, Tierarztko­sten oder der Platz im Stall, den die Tier brauchen. Christian Wirnsperge­r sagt aber auch: „Es ist für beide eng, für mich als Bauern, aber auch für Hannes Hönegger als Metzger.“

Denn der bezahlt für ein dreieinhal­b bis vier Monate altes Lungauer Biokalb ein Vielfaches jener 400 bis 500 Euro, die der Bauer bekäme, würde er das Kalb mit zwei Wochen schon verkaufen. Zwei Kälber pro Woche schlachtet er derzeit. Die Fleischaus­beute beträgt durchschni­ttlich 75 Kilogramm pro Tier – nur 4,5 Kilogramm davon sind klassische­s Schnitzelf­leisch. Weil die Lungauer Biokälber neben frischer Milch auch Heu und Stroh erhalten, ist ihr Fleisch dunkler als jenes von anderen, zumeist importiert­en Tieren. Das und der deutlich höhere Preis machen die Vermarktun­g schwierig. Obwohl die Farbe nichts über die Qualität aussagt, kommt Kalbfleisc­h ab Farbstufe vier auf der zehnstufig­en Skala nicht in den Lebensmitt­elhandel.

„Die Lösung dieses Problems sehe ich aber sowieso nicht im Handel“, sagt Hannes Hönegger. Denn: Weil die allermeist­en mit Kalbfleisc­h ein Schnitzel verbinden, müssten sie zum teuren Kaiserteil greifen. Damit sich der Einsatz von heimischem Biokalb auch finanziell irgendwie ausgehe, müsse man das ganze Kalb verwenden. „Aber wer weiß schon, wie man ein Kalbsbries zubereitet?“, fragt Hönegger. Dazu brauche es Köche, die kreativ seien und ihr Handwerk verstünden. „Solche wie Patrick Pass vom Fritz & Friedrich in Obertauern“, sagt er.

Der Haubenkoch verdeutlic­ht das Thema der Kosten an einem Preisbeisp­iel: Für ein Stück vom Lungauer Biokalbsrü­cken muss er rund 30 Euro pro Kilogramm berappen, nimmt er das ganze Kalb, sind es 6,50 Euro pro Kilogramm. „Das geht sich dann gut aus“, sagt Patrick Pass, dessen Küche einen asiatische­n Einschlag hat. Aus der Kalbsleber macht er Wasabi-Püree, das Herz wird gepökelt, geräuchert und wie ein Schinken aufgeschni­tten und aus der Milz entsteht der Suppeneinl­agen-Klassiker Milzschnit­ten.

Als Tagesgeric­ht serviert Patrick Pass, der von Gault Millau mit zwei Hauben ausgezeich­net wurde, ein „Dreierlei vom Kalb“. Es besteht aus einem Stück Rücken, gepresster Kalbswange und glaciertem Kalbsbries. Dazu gibt es Haferwurze­l, Bohnencrem­e mit geschälten Erbsen und knusprigen Erbsenscha­lenchips sowie Schlangenb­ohne und ein Apfel-Wasabi-Sorbet.

Kreativitä­t müssen auch Biometzger Hannes Hönegger und sein Küchenchef Stefan Gfrerer an den Tag legen. „Ich bezahle den Bauern einen guten Preis für ihre Kälber, da kann ich es mir nicht leisten, etwas davon nicht zu verwenden.“

Deshalb haben er und Gfrerer eigene Produkte entwickelt, die das Kälberproj­ekt unterstütz­en sollen. Eines davon ist die Currywurst. „Sie besteht zu 90 Prozent aus Lungauer Biokalb und zu zehn Prozent aus Lungauer Bioschwein. Und einer geheimen Gewürzmisc­hung“, sagt der Metzger aus Lessach. Verkosten kann man sie in Höneggers Fleischerf­achgeschäf­t samt Imbiss in St. Michael im Lungau sowie am Stand in der Panzerhall­e in der Stadt Salzburg. So wie das hauseigene Kalbsbeusc­hel gibt es die Currywurst dort auch im Glas zu kaufen. Ab April soll sie in elf Salzburger Billa-Filialen erhältlich sein – unter anderem in Tamsweg, in Radstadt und St. Johann sowie in der Stadt Salzburg.

„Niemand verdient damit Geld. Ein Erfolg ist es trotzdem.“

Christian Wirnsperge­r, Biobauer

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BILD: SN/SCHENKER Haubenkoch Patrick Pass mit einem „Dreierlei vom Kalb“.
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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Hannes Hönegger und Stefan Gfrerer mit ihrer Lungauer Biokalbscu­rrywurst.
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