Steht Verarbeiter fauler Eier vor Betriebssperre?
Behörden haben lang nichts bemerkt. Dienstag wollen Staatsanwalt und Lebensmittelaufsicht aus Zuständen bei Pro Ovo Konsequenzen ziehen.
ST .P ÖLTEN, AMSTETTEN. Fast geheimnisvoll muten die Recherchen rund um die eierverarbeitende Firma Pro Ovo im niederösterreichischen Mostviertel an. „Wenn Sie es am Dienstag nochmals probieren, kann ich schon mehr sagen“, erklärt Karl Wurzer, Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten. Ob dort gerade eine Hausdurchsuchung im Gange sei? „Kein Kommentar.“
Ganz ähnlich die Reaktion der Lebensmittelaufsicht des Landes Niederösterreich. „Sie müssen sich noch bis Dienstag gedulden. Wir haben vergangenen Donnerstag Proben gezogen. Die Ergebnisse sollten dann vorliegen“, sagt Walter Mittendorfer, Fachbereichsleiter der Lebensmittelkontrolle.
Wie berichtet, hat ein Privatdetektiv einen möglichen Skandal in dem kleinen Ort Biberbach (Bezirk Amstetten) öffentlich gemacht. Dort, beim Unternehmen Pro Ovo, sollen faule stinkende Eier, Hühnerkot, Federn und schimmelnde Eier, aus denen Maden krochen, industriell zu Eigemisch verarbeitet worden sein. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten und auch die Staatsanwaltschaft München (es soll auch deutsche Opfer geben) ermitteln wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs. Das Unternehmen selbst hat zu den Anschuldigungen bislang jede Stellungnahme verweigert.
Der Detektiv hat Ende November 2019 Strafanzeige erstattet und den Behörden auch ziemlich ekelerregende Bilder, angefertigt am 9. November 2019, beigelegt. Trotz dieses belastenden Beweismaterials sahen die Lebensmittelkontrollore damals keinen Anlass, Pro Ovo umgehend eine Visite abzustatten. „Ich erkläre jetzt nicht, warum wir nicht sofort tätig geworden sind“, sagt dazu Mittendorfer. Angeblich haben Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft um Zurückhaltung gebeten, um die Ermittlungen nicht zu behindern. Im Amtsdeutsch heißt das: „Im Zuge einer gemeinsamen Besprechung am 16. 12. 2019 wurde ein koordiniertes Vorgehen zur Sicherung der Ermittlungszwecke vereinbart.“
Keine Rede von Gefahr in Verzug wegen möglicher Gesundheitsgefährdung. Die Lebensmittelaufsicht wird nicht müde zu betonen, dass Pro Ovo wiederholt kontrolliert worden sei. „2018 wurden im genannten Betrieb zwei risikobasierte Kontrollen und eine Teilkontrolle in den Monaten April, Juli und August vorgenommen sowie vier amtliche Proben im November entnommen. 2019 wurden in den Monaten Jänner und Juni zwei risikobasierte Kontrollen durchgeführt und zehn amtliche Proben entnommen“, hieß es seitens LH-Stv. Franz Schnabl (SPÖ). Ergebnis: keine Beanstandung, kein Zweifel an der Lebensmittelsicherheit.
Doch selbst die mit den Eigemischen belieferten Bäckereien, Nudelhersteller oder Gastronomen bemerkten nichts, dass ihnen möglicherweise faule Eier untergemischt wurden. Beispielsweise wurde die Charge vom 9. November vorwiegend zu „Sucrovo – Vollei mit Zucker Gemisch“verarbeitet. Knapp 5000 Kilogramm der Eiersauce wurden an einen namhaften Süßwarenhersteller geliefert, der das Gemisch im eigenen Labor nochmals mikrobiologisch untersuchte. Ergebnis: keine Abweichungen von der Norm.
Pro Ovo schreibt auf seiner Homepage, man bereite täglich 1,5 Mill. Schaleneier auf: „Unsere Eier haben keine Geheimnisse – sie kommen aus ganz Europa, werden unter Berücksichtigung höchster Qualitätsstandards verarbeitet.“Und: „Die automatisierten Produktionsabläufe sind auf kompromisslose Hygiene ausgerichtet.“Pro Ovo lässt sich auch freiwillig von „Quality Austria“prüfen und ISO-zertifizieren. Eine Begehung findet ein Mal jährlich statt. „Solche Grauslichkeiten habe ich nie gesehen, sonst hätte die Firma die Prüfung nicht bestanden“, sagt Wolfgang Leger-Hillebrand, Manager für Lebensmittelsicherheit.
Firma wirbt mit kompromissloser Hygiene