Coronavirus löst Schockwelle an den Börsen aus
Seit das Coronavirus mit Todesfällen in Italien Europa erreicht hat, steigt die Angst, dass die Folgen stärker sein könnten als bisher erwartet.
Eben erst war an den Finanzmärkten die Sorge wegen des Coronavirus abgeebbt – seit dem Wochenende ist es damit vorbei. Zu Wochenbeginn brachen weltweit die Aktienkurse ein, auch die Ölpreise gaben nach. Gefragt waren hingegen Anlagen wie Gold und Staatsanleihen, die als „sicherer Hafen“in Krisenzeiten gelten. Grund für die Turbulenzen: Die Anzahl der Infizierten ist in Italien deutlich gestiegen, in China ist die Zahl der Toten durch das Virus sprunghaft angestiegen und auch Südkorea ist zunehmend betroffen.
Der Internationale Währungsfonds hat seine Wachstumsprognose für China gesenkt, laut UniCredit-Chefvolkswirt Erik Nielsen dürfte die Wirtschaft des Landes im ersten Quartal nur noch um drei Prozent wachsen, nach rund sechs Prozent Ende 2019. Das wäre das langsamste Tempo seit fast 30 Jahren. „Für uns ist dies eine Krise und auch eine große Bewährungsprobe“, sagte Chinas Staatspräsident Xi Jinping. Er übt sich aber in Zweckoptimismus. Zwar werde „der Ausbruch der neuartigen CoronavirusLungenkrankheit unweigerlich relativ große Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft haben“, sagt er im Fernsehen. Diese dürften laut Xi aber nur kurzzeitiger Natur und kontrollierbar sein.
Besonders sorgenvoll blickt man in Deutschland auf die Entwicklung in China. Die Volksrepublik ist ein wichtiger Handelspartner, Lieferant und für viele Konzerne auch Produktionsstandort. Für die Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen ist das Reich der Mitte der wichtigste Einzelmarkt. Dazu kommen temporäre Produktionsstopps, wenn auch BMW und Daimler ihre Fertigung in China inzwischen wieder hochfahren konnten und Volkswagen
am Montag bekannt gab, den Betrieb der meisten Werke wieder aufgenommen zu haben. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet 2020 im Vergleich zum Vorjahr weltweit mit einem Rückgang der Produktion um 2,7 Millionen Fahrzeuge. Die deutsche Autoindustrie sei wegen des hohen ChinaAnteils von 35 Prozent am Gesamtumsatz besonders betroffen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ruft deshalb die Politik in Deutschland zum Handeln auf. „Neben dem Gesundheitsschutz
muss die Politik ab sofort das wirtschaftliche Krisenmanagement in den Fokus nehmen“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. „Die Bundesregierung muss jetzt schleunigst wirtschaftspolitische Impulse für eine Belebung des Wachstums liefern.“
Die Luxusgüterbranche leidet besonders stark unter Chinas Schwäche. Laut den Beratern Boston Consulting Group könnte die Branche heuer 30 bis 40 Mrd. Dollar (bis zu 37 Mrd. Euro) Umsatz einbüßen, die Gewinne könnten um rund 10 Mrd. Dollar sinken. BCG stützt sich auf die Befragungen von Managern der Luxusmarken. Chinas Anteil am globalen Markt für Luxusprodukte macht laut BCG bereits 110 Mrd. Dollar (34 Prozent) aus. Dazu kämen noch 280 Mrd. Dollar, die chinesische Touristen weltweit ausgeben.
Aus Angst vor den Folgen des Coronavirus sind Anleger am Montag in Scharen in den als „sicherer Hafen“geltenden Schweizer Franken geflüchtet. Er stieg zum Euro auf den höchsten Stand seit mehr als viereinhalb Jahren. Mit 1,0604 Franken kostete der Euro so wenig wie zuletzt im Juli 2015. Der SMI-Index an der Börse Zürich verlor in der Spitze um 3,6 Prozent auf 10.715 Punkte – der größte Tagesverlust seit August 2015. In Deutschland lag das Minus des DAX bei rund vier Prozent, ähnliche Einbußen verzeichneten die Börsen in Paris und London. In Mailand notierte der Leitindex um fast sechs Prozent tiefer. Während sich die Verluste in Asien in Grenzen hielten, büßten der Dow Jones und der S&P-500 in New York im frühen Handel rund drei Prozent ein.
„Jetzt ist die Politik gefordert.“
Joachim Lang, Geschäftsführer BDI