Bullen wirken weiter angeschlagen
Tritt Red Bull Salzburg auch am Donnerstag gegen Frankfurt so auf wie gegen die Austria, dann ist die internationale Saison vorbei. Schon im Herbst deutete sich dieser Rückfall in der Liga an.
Die starken, zum Teil überragenden Leistungen von Fußballmeister Red Bull Salzburg in der Gruppenphase der Champions League im vergangenen Herbst haben viel überdeckt. Denn bereits gegen Ende der Saison im Jahr 2019 kamen die Bullen in der Bundesliga ins Stocken. Bereits vor der Winterpause deutete sich ein Rückfall an.
Schon nach den mageren drei Unentschieden gegen Hartberg, die Admira und St. Pölten vor der Winterpause hätten die Alarmglocken läuten müssen. Aber diese schmerzhaften Punkteverluste wurden in Anbetracht der Höhepunkte in der Königsklasse kaum zur Kenntnis genommen. Die Partien gegen Liverpool und Neapel und die Kantersiege gegen Genk überstrahlten die Ergebnisse im Alltag. Aus den vergangenen sechs Spielen in der Liga holte die Truppe von Trainer Jesse Marsch nur sieben von 18 möglichen Punkten. Das genügt in keiner Weise den Ansprüchen, die Red Bull an sich stellt. Im Vergleich dazu holte der Tabellenführer, LASK, aus den vergangenen sechs Runden 13 Punkte.
Der Verlust der Tabellenführung schmerzt aber weit weniger als die vergangenen Auftritte der Bullen. So chancenlos, wie die Salzburger am vergangenen Donnerstag im Hinspiel des Sechzehntelfinales in der Europa League in Frankfurt gewesen sind, war der Serienmeister auch auf internationaler Ebene schon seit vielen Jahren nicht.
Und wer beim 2:2 am vergangenen Sonntag gegen eine biedere Wiener Austria eine Steigerung im Vergleich zum Spiel gegen Frankfurt gesehen haben will, der betreibt Realitätsverweigerung. Es mag schon richtig sein, dass die Bullen gegen die Austria wieder mehr offensive Akzente setzen konnten als in Frankfurt. Aber das war nicht schwierig, denn bei der
Eintracht wirkten die Bullen über die gesamte Spielzeit oft planlos.
Drei Gegentore gegen den LASK zum Saisonstart 2020, vier in Frankfurt und zwei gegen die Austria – neun Treffer in drei Spielen sind für ein Spitzenteam zu viel. Es passt in der Abwehrarbeit aktuell nicht viel zusammen. Selbst erfahrene Abwehrspieler wie Maximilian Wöber oder Jérôme Onguéné, die schon einige internationale Partien mit Bravour bestanden haben, wirken verunsichert und können keine Ruhe ins Spiel der Bullen bringen. Und erst jetzt wird deutlich, wie sehr der verletzte Rechtsverteidiger Rasmus Kristensen im Abwehrverbund fehlt. Allein seine körperliche Präsenz auf dem Platz, seine Zweikampfstärke würde die Bullen schon einen Schritt nach vorn bringen.
Locker geht den Bullen aktuell gar nichts von der Hand. So gelang es in Wien nicht, zwei Mal eine Führung zu verteidigen. Viel zu passiv ließ die Marsch-Elf die biederen Wiener immer wieder ins Spiel kommen. Noch vor wenigen Monaten hätte der Meister den Sieg locker mit schnellen Konterangriffen klargemacht. Wie schon gegen den LASK fehlte den Bullen aber auch vor dem Tor die Abgebrühtheit, wurden Topchancen auf das 3:1 vergeben. So ärgerte sich auch der zweifache Torschütze Patson Daka: „Ich hätte gern meine Chancen besser genutzt. Aber ich denke, dass das Glück auch nicht auf unserer Seite war.“
Dieses kommt vielleicht schon am Donnerstag im Rückspiel gegen die Eintracht zurück. Und da es im Fußball nichts gibt, was es nicht gibt, sind die Salzburger trotz der scheinbar unlösbaren Aufgabe nicht chancenlos. Allerdings nur dann, wenn die Elf, in der noch immer viel Qualität steckt, wieder zu einem Mentalitätsmonster wird.