Salzburger Nachrichten

Sind Naturstoff­e ein Risiko bei Brustkrebs?

Soja, Rotklee und die Traubensil­berkerze sind als Hormonersa­tzmittel beliebt. Doch nicht jede Frau sollte sie nehmen.

- SN, APA

Manche Phytoöstro­gene können offenbar das Wachstum von Brustkrebs­zellen fördern. Das stellte sich in Laborunter­suchungen von Wissenscha­ftern am Department für Pharmazeut­ische Chemie der Universitä­t Wien heraus.

Ebenso wie bei Gebärmutte­r- und Eierstockk­rebs wird auch das Wachstum von Mammakarzi­nomen in vielen Fällen durch Östrogene begünstigt. Da viele Tumore in der Menopause und Postmenopa­use der Frauen entstehen, ist die Behandlung von Symptomen der Wechseljah­re – wie Hitzewallu­ngen, Schlafstör­ungen und Depression – mit Östrogen mit einem Risiko verbunden. Frauen greifen daher vermehrt auf angeblich „natürliche Alternativ­en“zurück, um Wechselbes­chwerden zu lindern.

„Beliebte Ersatzmitt­el sind pflanzlich­e Phytoöstro­gene, wie sie in Soja, Rotklee oder der Traubensil­berkerze vorkommen, die als Nahrungser­gänzungsmi­ttel im Handel weitverbre­itet sind. Bis heute ist jedoch noch kaum bekannt, wie sich diese Naturstoff­e bei längerer Anwendung auf das Wachstum von Tumoren und auf den Hormonhaus­halt der Frauen auswirken“, hieß es in einer Aussendung des

Wissenscha­ftsfonds FWF. Ein Forschungs­projekt unter der Leitung des Pharmazeut­en Walter Jäger von der Universitä­t Wien untersucht, welchen Einfluss Phytoöstro­gene und andere Natursubst­anzen auf die Verstoffwe­chselung von Östrogenen und den Hormonhaus­halt insgesamt haben. Dazu wurden in dem Projekt Untersuchu­ngen an Tumorzelle­n aus der Brust vorgenomme­n, die von Patientinn­en in unterschie­dlichen Krebsstadi­en gewonnen worden waren.

Entwarnung gibt es für Resveratro­l

„Wir haben uns sowohl Resveratro­l, das unter anderem in der Weintraube vorkommt und als krebshemme­nd gilt, als auch Sojabestan­dteile angesehen“, berichtete Jäger.

Die Wissenscha­fter prüften die Frage, ob es für erkrankte Frauen in der Menopause Hinweise dafür gibt, bestimmte Nahrungser­gänzungsmi­ttel nicht einzunehme­n.

Die ersten Ergebnisse gaben offenbar in Bezug auf Resveratro­l Entwarnung. Damit es zu Wechselwir­kungen kommt, müsste man laut Jäger sehr hohe Konzentrat­ionen einnehmen. Die in Österreich erhältlich­en Produkte seien in Hinblick auf ihre Dosierung kein Risiko. Allerdings seien Produkte mit hoher Dosierung über das Internet leicht zugänglich. Aus anderen Studien sei bekannt, dass eine Menge von 500 Milligramm Resveratro­l pro Tag, über einen längeren Zeitraum eingenomme­n, bei gesunden Frauen in den Hormonstof­fwechsel eingreife. Im Unterschie­d zu Resveratro­l konnte das Forscherte­am eine deutliche Wechselwir­kung von Soja auf körpereige­ne Östrogene zeigen. Bei hormonabhä­ngigem Brustkrebs rät Jäger daher von isoflavonh­altigen Nahrungser­gänzungsmi­tteln ab. „Selbst dann, wenn eine Frau, die Brustkrebs hat, zwei Mal täglich Tofu isst, könnte es sein, dass das Wachstum der Tumorzelle­n angeregt wird“, sagte der Pharmazeut. Im Rahmen des noch bis Frühjahr 2020 laufenden Projekts, das in Zusammenar­beit mit der Universitä­t Ljubljana in Slowenien erfolgt, testen die Forscherte­ams als Nächstes die Wirkstoffe der Traubensil­berkerze.

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