Das kurze Leben des Bischofshofener Skifliegens
Dass Sepp Bradl mit dem ersten Skisprung über 100 Meter im Jahr 1936 die Ära des Skifliegens eingeleitet hat, ist ein sehr bekanntes Kapitel der Skigeschichte. Weniger bekannt ist, dass es auf seinem Heimatbakken in Bischofshofen vor Beginn der Vierschanzentournee das erste Skifliegen in Österreich gegeben hat. So geschehen vor genau 70 Jahren.
Die Vorgeschichte. Im Herbst 1949 wurde die Hochkönigschanze am Laideregg total umgebaut, der sogenannte Kritische Punkt (K-Punkt) war bei 92 Metern. Wenig später gab der Internationale Skiverband (FIS) bekannt, dass internationale Wettkämpfe nur auf Schanzen mit einem K-Punkt von höchstens 90 Metern erlaubt sind. Damit war man in Bischofshofen in der Zwickmühle, denn für 26. Februar 1950 war ein internationaler Wettkampf angesetzt. Der Skiclub intervenierte und hatte Glück: Der anlässlich der alpinen WM in Aspen tagende Vorstand der FIS sagte Ja und schickte ein Telegramm nach Bischofshofen: „Skifliegen genehmigt, es zählt nur die Weite, ohne Haltungsnoten.“
Also wurde die Schanze für das letzte Februarwochenende 1950 auf Hochglanz gebracht. 70 Springer waren gemeldet, ein Sonderpostamt wurde eingerichtet, ein Sonderzug brachte 1400 Fans aus der Landeshauptstadt (Fahrpreis 12 Schilling), gut 20.000 Zuschauer drängten sich (Eintritt 8 Schilling) und wollten vor allem weite Sprünge von Sepp Bradl sehen, der direkt aus Asiago angereist war, wo er die Italiener zwei Monte lang trainiert hatte.
Doch der Wettergott spielte beim ersten österreichischen Skifliegen nicht mit. Starker Föhn führte zu ständigen Anlaufveränderungen und heftigen Stürzen. Die Flüge im Training mit Bradls weitestem Satz auf genau 100 Meter wurden im Wettkampf nicht erreicht. Sieger wurde der neue deutsche Star Toni Brutscher, Bradl belegte Platz vier. Die besten zehn traten noch zu einem Weitenfliegen an, hier siegte Bradl mit 100 Metern. Die meisten Teilnehmer trafen sich ein paar Tage später auf der Flugschanze in Oberstdorf, wo zunächst der Tiroler Willi Gantschnigg den (von der FIS natürlich nicht anerkannten) Weltrekord auf 124 Meter verbesserte, ehe ihn der Schwede Dan Netzell auf 135 Meter steigerte. Das Skifliegen in Bischofshofen gab es 1951 noch einmal, auch da erlaubte starker Föhn keine großen Weiten. Damit wurde auch das Kapitel Skifliegen in Bischofshofen geschlossen, dafür die Tür zur Vierschanzentournee geöffnet.