Stresstest für das Schulsystem: Matura? Oder „Notmatura“?
Die Schule wird noch längere Zeit ausfallen. Was heißt das für Schülerinnen, Schüler, Eltern und Lehrer? Und vor allem für die Maturanten? Noch sind viele Fragen offen.
Besser maturieren als mutieren . . .
WIEN. Die Ausnahmesituation an den Schulen geht weiter und laut den wenig verhohlenen Andeutungen des Bundeskanzlers werden die Schulen auch über Ostern hinaus noch längere Zeit geschlossen bleiben. Eine mehrfach belastende Zeit für Eltern, Lehrer und vor allem für Maturanten, denen parallel zur aktuell größten Prüfung ihres Lebens nun auch noch die größte Prüfung ihres Lebens bevorsteht.
Die Slowakei und Irland haben den Maturanten bereits Teile der Matura nachgesehen. In Deutschland hatte Schleswig-Holstein einen Verzicht auf Prüfungen und die Vergabe des Abi-Zeugnisses aufgrund der bisherigen Jahresleistungen verkündet. Nach einer Konferenz der zuständigen Landesminister wurde diese Entscheidung wieder zurückgezogen. Auch in Österreich gibt es Rufe, heuer auf die Maturaprüfungen zu verzichten. Anders Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike: Sie forderte die Abhaltung der Matura. „Denn wir wollen nicht der Jahrgang sein, dem vorgehalten wird, die Matura geschenkt bekommen zu haben“, teilte sie in einer Aussendung mit.
Ein mit 40 Berufsjahren sehr erfahrener Wiener Universitätsinstitutsvorstand forderte im SN-Gespräch hingegen bereits vergangene Woche, das Zeugnis der letzten Klasse ausnahmsweise als Maturazeugnis anzuerkennen.
Daran will man im Bildungsministerium derzeit (noch) nicht denken. Minister Faßmann kündigte am Montag an, dass die Matura um zwei Wochen nach hinten verschoben wird und am 18. Mai starten soll. Englisch und Deutsch sollen vorgezogen werden, da sie korrekturintensiver sind. Maturanten sollen offenbar als erste Schüler zur Vorbereitung zwei Wochen vor dem Maturatermin Anfang Mai wieder an die Schulen kommen.
Der Minister wolle mit Augenmaß vorgehen, hieß es dazu am Mittwoch im Bildungsministerium. Überlegungen, die Maturanten einfach mit dem Jahreszeugnis aufgrund der bisherigen Leistungen absolvieren zu lassen, gebe es „zum jetzigen Zeitpunkt“jedenfalls nicht. Der Minister sei „in regelmäßigen Telefonkonferenzen“mit seinen europäischen Amtskollegen.
Und was heißt das für die Schülerinnen und Schüler? Um zur Matura anzutreten, müssen im Abschlussjahrgang alle Fächer positiv abgeschlossen sein. Möglichkeiten, Halbjahres-Fünfer auszubessern, gab es aber nicht. In der modularen Oberstufe gab es die umstrittene Möglichkeit, negative Prüfungen in bestimmten Fächern vor sich her zu schieben, um sie vor der Matura zu parken. Doch diese „Parkplatzprüfungen“, deren positive Absolvierung notwendig wäre, können jetzt nicht stattfinden.
Offen ist auch noch, was mit dem nicht erfüllten Lehrplan in den anderen Schulstufen passiert, sollten die Schulen bis zum Sommer gar nicht mehr aufgesperrt werden. „Distance learning “läuft in allen Schulen, aber unterschiedlich weitreichend. Während manche Schulen, vor allem in den Oberstufen, online im beibehaltenen Stundentakt unterrichten, flattert von anderen Schulen irgendwann am Vormittag eine Anweisung ins Haus, welche Aufgaben im Buch zu lösen seien. Derzeit wird wie vom Ministerium aufgetragen Stoff wiederholt und vertieft. Manche werden neuen Stoff durchnehmen können, viele Schulen nicht, weil auch die Eltern nicht zu Heimlehrern werden sollen. Der Lehrplan wird heuer jedenfalls nicht abgearbeitet werden können.
Eine erfahrene Schulleiterin berichtet den SN, dass der Lehrplan viele Möglichkeiten biete, um flexibel ausgelegt zu werden. Man könne im Herbst nachholen. „Wichtige Kapitel, die man heuer nicht behandelt,