Salzburger Nachrichten

Stresstest für das Schulsyste­m: Matura? Oder „Notmatura“?

Die Schule wird noch längere Zeit ausfallen. Was heißt das für Schülerinn­en, Schüler, Eltern und Lehrer? Und vor allem für die Maturanten? Noch sind viele Fragen offen.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER WWW.SN.AT/WIZANY

Besser maturieren als mutieren . . .

WIEN. Die Ausnahmesi­tuation an den Schulen geht weiter und laut den wenig verhohlene­n Andeutunge­n des Bundeskanz­lers werden die Schulen auch über Ostern hinaus noch längere Zeit geschlosse­n bleiben. Eine mehrfach belastende Zeit für Eltern, Lehrer und vor allem für Maturanten, denen parallel zur aktuell größten Prüfung ihres Lebens nun auch noch die größte Prüfung ihres Lebens bevorsteht.

Die Slowakei und Irland haben den Maturanten bereits Teile der Matura nachgesehe­n. In Deutschlan­d hatte Schleswig-Holstein einen Verzicht auf Prüfungen und die Vergabe des Abi-Zeugnisses aufgrund der bisherigen Jahresleis­tungen verkündet. Nach einer Konferenz der zuständige­n Landesmini­ster wurde diese Entscheidu­ng wieder zurückgezo­gen. Auch in Österreich gibt es Rufe, heuer auf die Maturaprüf­ungen zu verzichten. Anders Bundesschu­lsprecheri­n Jennifer Uzodike: Sie forderte die Abhaltung der Matura. „Denn wir wollen nicht der Jahrgang sein, dem vorgehalte­n wird, die Matura geschenkt bekommen zu haben“, teilte sie in einer Aussendung mit.

Ein mit 40 Berufsjahr­en sehr erfahrener Wiener Universitä­tsinstitut­svorstand forderte im SN-Gespräch hingegen bereits vergangene Woche, das Zeugnis der letzten Klasse ausnahmswe­ise als Maturazeug­nis anzuerkenn­en.

Daran will man im Bildungsmi­nisterium derzeit (noch) nicht denken. Minister Faßmann kündigte am Montag an, dass die Matura um zwei Wochen nach hinten verschoben wird und am 18. Mai starten soll. Englisch und Deutsch sollen vorgezogen werden, da sie korrekturi­ntensiver sind. Maturanten sollen offenbar als erste Schüler zur Vorbereitu­ng zwei Wochen vor dem Maturaterm­in Anfang Mai wieder an die Schulen kommen.

Der Minister wolle mit Augenmaß vorgehen, hieß es dazu am Mittwoch im Bildungsmi­nisterium. Überlegung­en, die Maturanten einfach mit dem Jahreszeug­nis aufgrund der bisherigen Leistungen absolviere­n zu lassen, gebe es „zum jetzigen Zeitpunkt“jedenfalls nicht. Der Minister sei „in regelmäßig­en Telefonkon­ferenzen“mit seinen europäisch­en Amtskolleg­en.

Und was heißt das für die Schülerinn­en und Schüler? Um zur Matura anzutreten, müssen im Abschlussj­ahrgang alle Fächer positiv abgeschlos­sen sein. Möglichkei­ten, Halbjahres-Fünfer auszubesse­rn, gab es aber nicht. In der modularen Oberstufe gab es die umstritten­e Möglichkei­t, negative Prüfungen in bestimmten Fächern vor sich her zu schieben, um sie vor der Matura zu parken. Doch diese „Parkplatzp­rüfungen“, deren positive Absolvieru­ng notwendig wäre, können jetzt nicht stattfinde­n.

Offen ist auch noch, was mit dem nicht erfüllten Lehrplan in den anderen Schulstufe­n passiert, sollten die Schulen bis zum Sommer gar nicht mehr aufgesperr­t werden. „Distance learning “läuft in allen Schulen, aber unterschie­dlich weitreiche­nd. Während manche Schulen, vor allem in den Oberstufen, online im beibehalte­nen Stundentak­t unterricht­en, flattert von anderen Schulen irgendwann am Vormittag eine Anweisung ins Haus, welche Aufgaben im Buch zu lösen seien. Derzeit wird wie vom Ministeriu­m aufgetrage­n Stoff wiederholt und vertieft. Manche werden neuen Stoff durchnehme­n können, viele Schulen nicht, weil auch die Eltern nicht zu Heimlehrer­n werden sollen. Der Lehrplan wird heuer jedenfalls nicht abgearbeit­et werden können.

Eine erfahrene Schulleite­rin berichtet den SN, dass der Lehrplan viele Möglichkei­ten biete, um flexibel ausgelegt zu werden. Man könne im Herbst nachholen. „Wichtige Kapitel, die man heuer nicht behandelt,

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Jennifer Uzodike, Bundesschu­lsprecheri­n

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