Südafrikas Bevölkerung ist verwundbar
Allein acht Millionen Menschen sind HIV-infiziert. Aber auch viele andere Länder in Afrika gelten als extrem gefährdet.
Präsident Cyril Ramaphosa hat das bis Kurzem noch Undenkbare verkündet: „Südafrika macht für 504 Stunden dicht“, schrieb die Zeitung „Times“zur „landesweiten Abriegelung“. Wegen der Coronapandemie wird das öffentliche Leben für mindestens drei Wochen stillstehen.
Bis Mitte April dürfen 56 Millionen Südafrikaner nur vor die Tür gehen, um Lebensmittel und Medikamente zu besorgen oder einen Arzt aufzusuchen. Dass die Armee in den Straßen patrouilliert, um die Polizei zu unterstützen – an den Anblick wird man sich laut Ramaphosa gewöhnen müssen: „Diese entschlossenen Maßnahmen werden Millionen vor einer Infektion bewahren und Hunderttausende Leben retten.“
Am Mittwoch verzeichnete die Kaprepublik 709 Infizierte. Anders als noch vor zwei Wochen handelt es sich bei ihnen nicht nur um Globetrotter, die vor Kurzem nach
Europa gereist waren und sich infiziert hatten. Lokale Ansteckungen sind im Vormarsch. „Das ist extrem gefährlich für eine Bevölkerung mit einer großen Anzahl von HIV-Positiven und Tuberkulosekranken und einer hohen Armuts- und Hungerrate“, betonte Ramaphosa. Knapp acht Millionen Südafrikaner leben mit HIV. Noch ist unklar, wie sie auf
Es wird kriseln, aber der Euro ist sicher. Selbst wenn Italien als das das Coronavirus reagieren. Shabir Madhi, Experte für Infektionskrankheiten an der Universität Witwatersrand bei Johannesburg, betonte, dass das Risiko eines HIV/Aidserkrankten, an Influenza zu sterben, 200 Mal höher sei als das eines gesunden Menschen.
Mehr als die Hälfte der Südafrikaner verfügen über keine hauseigene Wasserleitung. Für die Journalistin Redi Tlhabi kommt der gebetsmühlenartige Aufruf zum Händewaschen daher einem „Witz“gleich, solange es Gemeinden gebe, „die um Wasser betteln müssen“.
Südafrika betrete „Neuland“, titelte Gesundheitsmagazin „Bhekisisa“. Nirgendwo sind die Einkommensunterschiede laut Weltbank so groß wie in dem Schwellenstaat. Jeder dritte Arbeitsfähige hat keinen
Job, jeder zweite lebt in Armut. Die Wirtschaft litt unter den zahllosen Korruptionsskandalen der vergangenen Jahre. Jetzt wächst jedoch die Hoffnung, dass die Krise die Südafrikaner stärker zusammenhalten lässt. Selbst unter den politischen Rivalen herrscht seltene Einigkeit. Die Regierung in Pretoria richtete einen „Solidaritätsfonds“ein, über den Konzerne und Spender den Kampf gegen Corona unterstützen können. Die beiden reichsten Familien des Landes kündigten an, Kleinbetriebe mit jeweils einer Milliarde Rand (52 Millionen Euro) zu unterstützen.
Inzwischen ist klar, dass sich die Hoffnung nicht erfüllt hat, wonach Corona Afrika nicht erreicht oder sich im wärmeren Klima schwerer tut. Auf dem Kontinent gibt es laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits mehr als 1000 Fälle in mindestens 40 Ländern. Und viele Länder gelten aus Expertensicht als tickende Zeitbomben. Der Zugang zu Wasser und Seife ist nicht nur in Südafrika sehr beschränkt. Auch soziale Distanz ist in Afrika kaum wie in Europa umzusetzen. Viele Menschen leben auf engstem Raum unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Auch Homeoffice ist in Ländern mit einer großen informellen Wirtschaft kaum möglich. So quetschen sich in Südafrika täglich etwa 16 Millionen Menschen auf dem Weg zur Arbeit als Bauarbeiter, Obstverkäufer oder Handwerker in die vollgestopften Minibus-Taxis. Das morgendliche Sprayen mit Desinfektionsmitteln hilft da nur wenig.