„Pflege ist kein Luxus“
Ein Interview mit Pflegewissenschafterin Hanna Mayer.
SN: Wie schätzen Sie die Sofortmaßnahmen der Regierung zur Pflege ein? Hanna Mayer: In Notlagen soll man alles auf allen Ebenen versuchen, das tut die Regierung. Grundsätzlich darf man aber auch hier nicht die Qualität aus den Augen lassen – bei allen nun verkündeten Unterstützungsvarianten.
SN: Wird angesichts der
Krise allen bewusst, dass bei der Pflege dringend etwas getan werden muss?
Ich hoffe. Man muss aber aufpassen, dass die Dinge, die man in Notlagen installiert hat, nicht danach als Lösung des Problems gesehen werden. Jetzt etwa die
Zivildiener, die helfen sollen. Ich warne davor, dass es nach der Krise zu einer Deprofessionalisierung der Pflege kommt. Was als Notprogramm funktioniert, kann und darf nicht Normalität werden.
SN: Die 24-Stunden-Betreuung hat ursprünglich auch als Notprogramm begonnen …
Ja. Man hat aus der Not eine Tugend gemacht und die 24-Stunden-Betreuung legalisiert, mit all ihren Problemen, die wir jetzt haben.
SN: Was muss getan werden?
Wir sehen gerade – etwa in Deutschland oder in Großbritannien –, dass überall dort, wo das Gesundheitswesen kaputtgespart wurde, jetzt die Rechnung dafür bezahlt werden muss. Dort sind wir in Österreich noch nicht, aber es sollte uns zu denken geben. Gerade bei der Pflege wird auch bei uns gern rationalisiert, wenn’s irgendwie geht. Pflege ist aber kein Luxus, mit dem man nach Belieben verfahren kann. Man sollte die Krise als Chance nehmen und erkennen: Pflege ist eine essenzielle Säule des Gesundheitssystems, die qualitativ gestärkt werden muss. Hätte die Pflege jetzt schon einen höheren Stellenwert, könnte sie in der Krise noch ganz andere Aufgaben in der Versorgung der Bevölkerung übernehmen.