Bitte ein Ticket für das Konzert auf dem Handy
Wie können Musiker online Geld verdienen? In Salzburg sind bei der „Karajan Music Tech Conference“kreative Lösungen gefragt.
SALZBURG. Wenn die Zuhörer nicht mehr ins Konzert gehen können, müssen die Konzerte vorübergehend eben zu den Zuhörern kommen. Viele Musiker reagierten kreativ, als die Coronapandemie im März das öffentliche Leben plötzlich lahmlegte. Stars wie der Pianist Igor Levit nutzten ihre Internetpräsenz, um Konzerte aus ihren Wohnzimmern in die Wohnzimmer ihres Publikums zu streamen – als Angebot gegen die Isolation.
Was dabei für die Musiker selbst allerdings in den meisten Fällen fehlt, ist eine Möglichkeit, mit Internetauftritten auch Geld zu verdienen und damit einen Teil der existenziellen Verluste wettzumachen, die das Wegbrechen von Konzerten und Tourneen vor allem bedeuten. Hier wollen Branchenexperten bei einer Salzburger Konferenz für Musik und Technologie ansetzen.
Bei der „Karajan Music Tech Conference“, die am Freitag wegen der
Coronamaßnahmen ebenfalls erstmals allein im Internet abgehalten werde, werde es vor allem auch um die Frage gehen, „wie Musiker mit der aktuellen Situation umgehen können“, sagt Matthias Röder, Leiter des Salzburger Karajan-Instituts und Initiator der Konferenz. Könnten Klassiker und Rocker, Bands, Solisten und Kammerensembles zum Beispiel bald digitale Tickets für Onlinekonzerte verkaufen?
Bei der Konferenz wird zum Beispiel der Geiger Aleksey Igudesman sein jüngstes Projekt „Music From Home“präsentieren. In den vergangenen Jahren hat der Crossover-Virtuose eigentlich eine ganz andere Internetidee verwirklicht: Für Musiker,
die viel reisen, zog er mit Kollegen die Plattform www.musictraveler.com auf, die Übezimmer und Proberäume in Städten weltweit vermittelt. Derzeit steht sie freilich still. Mit „Music From Home“will er Musikern auf der Internetsite nun auch das Gegenteil ermöglichen: Konzerte von zu Hause im Netz zu übertragen und dafür Internet-Eintrittskarten zu verkaufen.
An der Umsetzung werde mit dem Karajan-Institut und Teilnehmern der Konferenz seit der Vorwoche intensiv gearbeitet, erzählt Matthias Röder. „So schnell wie möglich“solle „Music From Home“online verfügbar sein. Eine Crowdfunding-Kampagne für das Projekt läuft parallel (www.startnext.com).
Wie stark digitale Technologien die Musikwelt verändern und in Zukunft noch verändern werden, war freilich auch vor dem Ausbruch der
Coronakrise das Kernthema der „Music Tech Conference“. Auch der Titel seines Einführungsvortrags sei schon länger festgestanden, erzählt Röder. Nun habe die Frage „Wie weit können wir ohne Angst gehen?“eine Doppelbedeutung bekommen: Auch im Kulturbetrieb zeige sich derzeit, dass „Institutionen, die in der Digitalisierung weit fortgeschritten sind, in der aktuellen Lage leichter agieren können“. Andererseits bedeute das erzwungene Ausweichen auf Videokonferenzen und andere Werkzeuge für viele einen rascheren Abbau von Ängsten vor der Digitalisierung.
Zur Frage, wie Kunst und Künstler in der Krise zu unterstützen sind, will die Konferenz immer wieder zurückkehren: Etwa in einem Panel mit dem ehemaligen Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner und Mozarteums-Rektorin Elisabeth
Gutjahr. Ein weiterer zentraler Themenkomplex sei der Frage gewidmet, ob künstliche Intelligenz und andere Technologien eine Revolution für das Komponieren bedeuteten. Dass die Konferenz heuer erstmals rein online stattfindet, sieht Röder indes nicht nur als Kollateralschaden: „Es hat auch zur Folge, dass sich Teilnehmer angemeldet haben, die es sonst nicht geschafft hätten, nach Salzburg zu kommen.“Das Format wolle man zudem nutzen, „noch stärker interaktiv zu werden“und zwischen Videovorträgen, Experten-Chatgruppen und digitalen Kamingesprächen Vernetzungen zu schaffen, „die sich auch 2021 weiterziehen“.
Karajan Music Tech Conference:
„So schnell wie möglich online sein.“
Matthias Röder, Karajan-Institut
Freitag, 3. April, ab 10 Uhr. Teilnahme am Onlineprogramm frei. Anmeldung: www.karajanmusictech.com