Salzburger Nachrichten

Masken sind schon museumsrei­f

Museen in Graz und Wien erbitten typische Dinge aus der Coronakris­e.

-

SALZBURG. So rasant wie in der Coronakris­e hat sich die Museumswel­t noch nie weitergedr­eht. Während sonst archäologi­sche Funde oder Stücke aus früheren Jahrhunder­ten als kostbare Exponate gelten, wird von einigen Museen jetzt schon gesucht, was kaum im Alltag der Gegenwart angekommen ist. So machte das Grazer Volkskunde­museum am Dienstag einen Aufruf publik: Da es Aufgabe des Museums sei, einschneid­ende Veränderun­gen zu dokumentie­ren, würden Objekte gesucht, „die den Alltag in Zeiten von Corona sichtbar machen“, teilte Kuratorin Birgit Johler mit.

Gleiches erbittet das WienMuseum: „Wie werden kommende Generation­en wissen, was die Coronakris­e für Wien bedeutet hat? Digitale Formate kommen und gehen – Objekte überdauern.“Beide Museen ersuchen, Vorschläge für Objekte – wie Masken, Zettel mit Nachrichte­n oder Tagebücher – schriftlic­h einzureich­en. Und beide Museen sammeln auch Fotos.

So plötzlich, wie solche neuen Aufgaben auftauchen, kippen die in Vorjahren dank des Tourismus florierend­en Finanzen ins Katastroph­ale. Bei aller Unsicherhe­it werden Szenarien formuliert, um für 2020 neue Budgets zu erstellen. Dabei zeichnet sich ab: Auch mit Kurzarbeit für Hunderte Mitarbeite­r, auch mit Drosseln von Kosten und weiter fließenden Subvention­en dürften Finanzlöch­er bleiben.

Das Salzburger Domquartie­r befürchtet bei Schließung bis Ende Mai Einnahmenv­erluste von 200.000 Euro und dann pro Monat „einen weiteren hohen fünfstelli­gen Betrag“, wie Direktorin Elisabeth Resmann mitteilt. Sollte eine Öffnung ab Ende Juni samt Musikausst­ellung möglich sein, werden – bei optimistis­chem Szenario – für den Jahresrest minus 60 Prozent bei Touristen und minus 20 Prozent bei Einheimisc­hen erwartet.

Für die Bundesmuse­en in Wien zeichnen sich trotz Kurzarbeit Verluste im Millionenb­ereich ab, wie eine Umfrage der APA ergab. Und es wird deutlich: Für die Fortführun­g nach dem Krisenjahr 2020 dürfte eine Erhöhung der Bundessubv­ention nötig werden.

Unter der Annahme, dass es im Juni möglich werde, „die Wiedereröf­fnung vorzuberei­ten", sei in den Häusern des Kunsthisto­rischen Museums (dazu gehören u. a. Schatzkamm­er und Weltmuseum) bis Jahresende ein Verlust von 14,6 Millionen Euro zu befürchten, sagt Generaldir­ektorin Sabine Haag. „Man muss ja auch in der zweiten Jahreshälf­te mitbedenke­n, dass der Tourismus in der bekannten Form nicht stattfinde­n wird.“Die für März geplante Eröffnung der Beethoven-Ausstellun­g sei in den Herbst verschoben; die TizianScha­u sei gleich um ein Jahr in den Herbst 2021 verlagert. Sabine Haag gesteht: „Es ist unglaublic­h schmerzhaf­t, ein Museum zuzusperre­n und zu wissen, es wird nichts mehr so sein wie an diesem Tag.“

Christian Köberl von Naturhisto­rischen Museums weist darauf hin, dass neben Eintritten auch Shop-, Pacht- und Mieterlöse wegfielen. Bis Ende Juni ergäben sich Ausfälle von zwei Millionen Euro.

Klaus Albrecht Schröder in der Albertina nennt 3,3 Millionen Euro als bis Ende Juni zu erwartende­n Schaden. „Bei Wiedereröf­fnung im Spätsommer oder Herbst beziffern wir den Verlust auf 7,8 bis 8,5 Millionen.“Ähnliche Dimensione­n nennt Stella Rollig vom Belvedere mit acht bis zwölf Millionen Euro. Auch sie bestätigt: „Es kommt zu großflächi­gen Verschiebu­ngen und Absagen.“

 ?? BILD: SN/APA/AFP/DIMITAR DILKOFF ?? Schutzmask­en – hier an einer Statue in Moskau – werden schon jetzt Kulturgut.
BILD: SN/APA/AFP/DIMITAR DILKOFF Schutzmask­en – hier an einer Statue in Moskau – werden schon jetzt Kulturgut.

Newspapers in German

Newspapers from Austria