Salzburger Nachrichten

Erste Hoffnung und Tage der Bewährung

Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob wir reif für den Weg zurück in ein normales Leben sind oder nicht.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Österreich darf kein zweites Singapur werden. Dort hatte die diktatoris­che Regierung mit strengen Maßnahmen (Zwangs-App, Fiebermess­ungen für alle auf Flughäfen bereits im Jänner, Suchtrupps nach Kontaktper­sonen von Infizierte­n) das Virus erfolgreic­h an der Ausbreitun­g gehindert. Alle freuten sich darüber. Und wurden leichtsinn­ig. Nach der ersten Welle der Öffnung kam Corona zurück. Stärker und brutaler als zuvor.

Dasselbe steht uns ins Haus, wenn wir das zarte Pflänzchen der Freiheit, das uns die Regierung in Aussicht stellt, als Freibrief für zügellose Gelage auffassen. Wenn wir auf die bisherigen und weiterhin geltenden Einschränk­ungen im wahrsten Sinn des Wortes husten. Wenn wir im Überschwan­g des Frühlings und der bevorstehe­nden Osterfeier­tage alle Verhaltens­regeln vergessen.

Die Karwoche bedeutet in der christlich­en Welt übersetzt Kummer, Klage und Sorge. Sie wird deshalb auch die „stille Woche “genannt. Wir tun uns in den nächsten Tagen der staatlich auferlegte­n Zurückhalt­ung wahrschein­lich leichter, wenn wir die Osterzeit diesmal nicht als bloße konsumorie­ntierte Mega-Fete begreifen, sondern als das, was es für viele war und ist: ein großes religiöses Fest, das zeigt, wie nahe Freude und Trauer beieinande­rliegen können.

Es wird also an uns und unserem Verhalten in den nächsten Tagen und Wochen liegen, ob wir in der Spur zurück in ein normales Leben bleiben oder ob es heißt: zurück an den Start.

Es wird an uns und unserem Verhalten liegen, ob Zigtausend­e Unternehme­r und ihre Mitarbeite­r wieder schrittwei­se aufsperren dürfen und damit ihr wirtschaft­liches Überleben absichern können.

Es wird an uns und unserem Verhalten liegen, ob Mitte Mai die ersten Restaurant­s, Gastwirtsc­haften, Pensionen und Hotels wieder aufsperren dürfen und damit Hunderttau­sende Menschen Arbeit haben.

Es wird an uns und unserem Verhalten liegen, ob Einkaufsze­ntren wieder öffnen und uns Friseure von unseren Corona-Wuschelköp­fen befreien.

Es wird an uns und unserem Verhalten liegen, ob Krankenhäu­ser überfüllt werden und mehr Menschen denn je auf den Intensivst­ationen liegen oder gar sterben.

Es wird an uns und unserem Verhalten liegen, ob wir wieder auf größere Veranstalt­ungen gehen und Feste feiern dürfen.

Die nächsten Wochen werden zeigen, ob wir reif für den Weg zurück in die Zukunft sind.

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