Auch Rom plant Lockerungen
Die Debatte umfasst Immunitätsausweise, spezielle Coronaspitäler und Tracking-Apps. Die Ausgangssperren dürften aber noch bis Mitte Mai in Kraft bleiben.
Die ersten Tage im März 2020 könnten in die italienische Geschichte eingehen als die Zeit, in der man sich zwischen Verona und Messina zuletzt mit den in Italien üblichen Wangenküssen begrüßte. Abstandhalten wird auch das Mantra bleiben, sobald die Sperrmaßnahmen in Italien gelockert werden. Nach Ostern könnte die Arbeit in einigen Wirtschaftsbereichen wieder aufgenommen werden. Die Ausgangssperren sollen aber noch bis mindestens Mitte Mai bestehen bleiben. Die kritische Phase sei noch lange nicht überstanden, warnte der Präsident des Nationalen Gesundheitsrats, Franco Locatelli. Die Angst vor einem explosiven Neuanstieg der Infektionen ist groß.
Seit dem 10. März herrscht im ganzen Land eine Ausgangssperre und sie wirkt. Die Zahl der Neuansteckungen mit dem Coronavirus steigt seit Tagen weniger rapide, der Druck auf Intensivstationen und Krankenhäuser nimmt ab. Aber immer noch sterben mehr als 500 Menschen täglich. Insgesamt zählt Italien fast 16.000 Tote.
Medienberichten zufolge plant Italien bereits seit einer Woche die sogenannte Phase zwei. Die Quarantäne
soll wie in Österreich auch nicht von einem auf den anderen Tag gelockert werden, sondern Schritt für Schritt. Gesundheitsminister Roberto Speranza hat eine Taskforce eingesetzt, die „Hunderte Vorschläge analysiert“hat, wie ihr Chef Walter Ricciardi erklärte. Das Ergebnis der Beratungen ist ein Strategieplan.
Für sämtliche Bewegungen außer Haus soll weiterhin das Abstandsgebot gelten. Schutzmasken sollen zur Regel werden, um Ansteckungen zu vermeiden. Die Einhaltung der Abstandsregel wird darüber mitentscheiden, wie schnell Bars und Restaurants, aber auch Betriebe und Geschäfte wieder öffnen können. Das betrifft öffentliche Verkehrsmittel ebenso wie Kinos oder Theater, die wohl als Letztes in Betrieb gehen werden.
Der Gesundheitsminister plant zudem sogenannte Covid Hospitals, also Krankenhäuser, die nur Coronapatienten aufnehmen. Denn die Neuansteckungen wurden durch die Quarantäne zwar gebremst. Aber aus der Welt ist es deshalb nicht. Neue Infektionsherde sind nicht ausgeschlossen. Eine Impfung oder wirksame Medikamente dürften nicht vor 2021 zu erwarten sein. Spezialteams sollen künftig Patienten mit Symptomen zunächst zu Hause untersuchen und dann über die Behandlung entscheiden.
Die derzeit am meisten diskutierten Maßnahmen betreffen Immunitätstests und die Kontaktkontrolle per Smartphone-App. Sobald technische und datenschutzrechtliche Probleme geklärt sind, soll Letztere helfen, die Kontaktpersonen Infizierter zu erfassen, diese gegebenenfalls zu testen und so einen neuen Ausbruch einzugrenzen.
Immunitätstests zur Feststellung, ob Antikörper gegen das Virus im Blut sind, werden bereits massenhaft im Veneto und in der Emilia-Romagna durchgeführt. Dort stehen entsprechende Mittel und Tests bereit. Wer die Antikörper im Blut hat und nicht mehr ansteckend ist, könnte dann einen Immunitätsausweis bekommen. Nach jetzigem Kenntnisstand gehen die Experten davon aus, dass nach einer Infektion Neuansteckungen nicht möglich sind.
Im Veneto sollen zuerst Ärzte und Pfleger, aber auch Arbeiter wichtiger Branchen und Bewohner von Altenheimen auf Antikörper getestet werden. Mit flächendeckenden Tests will die Regierung feststellen, wie weit die Immunität in der Gesamtbevölkerung fortgeschritten ist. Die Daten gelten als Grundlage für die Lockerung der Sperrmaßnahmen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Wiedereröffnung der Schulen. Bildungsministerin Lucia Azzolina schloss eine Rückkehr in die Klassen erst zu Beginn des neuen Schuljahrs nicht aus. Dies werde erfolgen, „wenn die Umstände es ermöglichen“, sagte sie.