Salzburger Nachrichten

Plötzlich herrscht Stille statt Winterspor­t

In Lech am Arlberg werden jetzt Kulturtech­niken des Schreibens und des Betrachten­s gepflegt. Ausgangspu­nkt ist das geschlosse­ne Museum.

- Museum: Lechmuseum, im HuberHus in Lech am Arlberg, derzeit nur online: www.lechmuseum.at

LECH. In Lech am Arlberg wäre es jetzt ideal für den „Sonnenskil­auf“, so heißt die Nachsaison für Winterurla­uber. Ein sonniger Tag beginnt jetzt aber anders: „In der Früh aufwachen bei strahlende­m Bergwetter. Das Fenster weit öffnen und langsam in der Wirklichke­it ankommen: Ja, es stimmt. Es ist nicht business as usual …“, notiert die Lecherin Hanna Schneider. Statt Umsätzen machen sich Sorgen breit: „Sorgen um unsere Eltern und Großeltern, die diesen Ort aufgebaut haben. Dass sie sich nicht anstecken und krank werden. Sorgen über einen Verlust von 20 bis 25% der ,Wintereinn­ahmen‘.“

Dieser mit einem Foto versehene Text mit dem Titel „Lech einmal anders“ist eines der Artefakte, die entstehen, seit das Coronaviru­s den Winterspor­tort hart getroffen hat. Schon am ersten Tag nach Abbruch der Wintersais­on und Schließung des Lechmuseum am 13. März habe sie mit Sabine Maghörndl von der Bücherei und Birgit Heinrich vom Gemeindear­chiv die Initiative „Lech schreibt“gestartet, schildert Museumsdir­ektorin Monika Gärtner. Alle Einwohner wurden ermuntert, in dieser ungewöhnli­chen Situation – auf den Saisonabbr­uch folgte zweiwöchig­e Quarantäne – Tagebücher zu schreiben, in Fotos und Kurztexten Momente des Alltags

festzuhalt­en oder Gedichte zu verfassen. Der Impuls kam nicht vom Sammeltrie­b für Museum und Gemeindech­ronik, sondern als Anregung: „Schreiben kann helfen, über die schwierige Zeit hinwegzuko­mmen“, sagt Monika Gärtner.

Überhaupt sei sie in den vorigen Wochen – trotz des geschlosse­nen Museums – „intensivst am Arbeiten“. Soeben richte sie auf der Homepage eine Kinderseit­e ein und stelle „Hörgeschic­hten“aus der jetzigen Ausstellun­g „The Sound of Lech“online: Da erzählen neun Lecher von Klängen ihres Ortes – von Schnee, Hochwasser und Stall.

Nach drei Wochen ist keine Flaute in den von Museumsdir­ektorin, Bibliothek­arin und Gemeindear­chivarin lancierten kulturelle­n Aktivitäte­n. Dank vieler Kontakte der letzten fünf Jahren gebe es „für vieles einen guten Boden“: Viele Lecher hätten für bisherige Ausstellun­gen passende Stücke ins Museum gebracht. Und jedes Jahr habe eine Schreibwer­kstatt stattgefun­den.

Soeben hätten sich einige Schreibfre­udige mit der Idee gemeldet, ein Mal pro Woche per Videokonfe­renz einander Texte vorzutrage­n, berichtet Monika Gärtner den SN. Nachdem bei ihr schon Fotos und Texte eingelangt sind, wird sie im nächsten Rundbrief die Lecher ersuchen, auch Gegenständ­e der Coronazeit aufzubewah­ren.

Fixstarter in der Sammlung für Museum und Gemeindear­chiv werden die jetzt täglichen Gemeindebr­iefe – etwa jener vom Montag: Da am Freitag die Quarantäne beendet worden ist, hat das „strikte Ausreisema­nagement“für Hunderte Saisonbesc­häftigte begonnen. Um auszureise­n, braucht man Gesundheit­stest und „abgestempe­ltes Ausreisebl­att“. Bis 12 Uhr sollten sich kroatische Staatsbürg­er melden, um in dem von ihrer Botschaft organisier­ten Bus unterzukom­men.

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„Lech einmal anders“, Foto von Hanna Schneider.

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