Das Coronavirus hat auch den Weltenbummler ausgebremst
Homeoffice statt Abenteuerreise. Wie geht jemand mit den Beschränkungen um, dessen Heimat seit mehr als 30 Jahren die weite Welt ist? Joe Pichler reist einfach weiter, allerdings im Kopf.
Joe Pichler ist in diesen Tagen viel zu Hause, eigentlich fast nur. Er versucht, sich mit Laufen und Radfahren fit zu halten. Doch dazwischen geht er immer wieder auf große Reise. Nach Guyana und Suriname in Südafrika. Und wieder zurück in sein Büro in seinem Haus in Elixhausen.
Dabei sollte Weltenbummler Joe Pichler in diesen Tagen Vorträge über seine letzte Reise machen. Eine ganze Reihe davon war geplant. Sie fielen den Beschränkungsmaßnahmen zum Opfer. „Wir haben die Termine verschoben. Zum Teil, denn im Herbst geht meine nächste Reise los.“Wenn alles gut gehe, fügt er hinzu. Im November möchte er nach Südamerika aufbrechen. Nach Brasilien, Kolumbien, Suriname und vor allem nach Französischund Britisch-Guayana. „Das ist so ein Fleck Erde, an dem ich noch nie war.“Und davon gibt es nicht mehr viele. War er doch in den letzten drei Jahrzehnten rund 360.000 Kilometer außerhalb von Europa unterwegs. Fünf Monate ist er dann wieder auf Achse. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Bis es so weit ist, reist Pichler im Kopf und nimmt seine Fans gleich mit. Auf seiner Homepage hat er eine Zeitreise gestartet, die noch bis Ende dieser Woche stattfindet. Von der ersten Reise 1984 nach Italien bis zum vorerst letzten Abenteuer 2019 in Afrika. „Ich dachte mir, dass ich jetzt, wo ich meine Vorträge nicht vor Menschen machen kann, die
Menschen einfach so in andere Welten bringe. Das tut ihnen in diesen Zeiten vielleicht gut.“
Seine allererste Reise führte ihn vor 36 Jahren nach Italien. „Mein Bruder hatte damals ein Motorrad, aber als Student nicht das Geld, es zu erhalten. Da hab ich es ihm abgekauft und bin mit einem Freund nach Italien gefahren.“Bei einem Glas Rotwein in Neapel sei dann der Wunsch aufgetaucht, mit dem Motorrad einmal nach Casablanca zu fahren. Ein Jahr später war es so weit. „Vollkommen unbedarft und naiv“sei er losgefahren. Und habe reichlich Lehrgeld bezahlt, als ihm etwa in der Wüste das Motorrad eingegangen sei. Doch Pichler hatte das Fernweh gepackt und es hat ihn bis heute nicht mehr losgelassen.
Erst frönte er seiner Leidenschaft neben seinem Job in einem Ingenieurbüro, seit 2002 sind Reisen und Vorträge sein Beruf. Alle zwei Jahre geht er für fünf Monate auf Tour, immer mit Motorrad. Insgesamt 88 Monate war er seither auf zwölf verschiedenen Motorrädern unterwegs. Da einen Höhepunkt zu nennen fällt schwer. Aber dann fällt ihm doch
„Die Stimmung bei den Leuten macht mir Angst.“
einer ein. „Das war 1999 in Afrika, die Lage war angespannt. Ich musste im Tschad 650 Kilometer durch die Wüste, war völlig allein, niemand ist mir begegnet.“Nach ein paar Tagen erreicht er das Hoggar-Gebirge. Auf 3000 Metern sei er dort in der Nähe einer Einsiedelei auf einem Fels gesessen, habe in die Ferne geblickt mit seinem Leitspruch im Kopf. „Man muss die Einsamkeit genießen können, damit die Freiheit nicht zur Qual wird.“Ein magischer Moment sei das gewesen.
Seine Reiseerfahrungen helfen ihm nun auch in der Coronakrise. „Es gibt Situationen, die kann ich nicht ändern. Und darum rege ich mich auch nicht auf.“Er halte sich an die Beschränkungen und versuche, das Beste daraus zu machen. Sorgen bereitet ihm hingegen die Stimmung unter den Leuten. „Die macht mir gerade ein bisschen Angst. Die Menschen sind so in sich gekehrt, grüßen nicht mehr. Dabei kann man sich doch auch mit Abstand und Mundschutz nett unterhalten.“
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