Salzburger Nachrichten

Hinter Maske und Plexiglas

Der britische Premier ist schwer an Covid-19 erkrankt. Wie schützt sich eigentlich die österreich­ische Spitzenpol­itik vor dem gefährlich­en Virus?

- ANDREAS KOLLER

WIEN. Österreich­s Innenpolit­ik steht derzeit nicht nur im Zeichen der Mund-Nase-Maske, welche Minister und Parlamenta­rier ostentativ im Gesicht tragen. Sondern auch im Zeichen der Plexiglass­cheibe, die als Spuck- und Ansteckung­sschutz dienen soll. Eine solche Scheibe gibt es vor dem Sitzplatz des Nationalra­tspräsiden­ten. Eine weitere vor dem Rednerpult im Plenarsaal. Es gibt Scheiben vor der Regierungs­bank im Parlament. Und es gibt Scheiben vor den Mikrofonen, hinter denen die Minister und der Kanzler ihre Pressekonf­erenzen abhalten.

Die strengen Regeln, denen sich die heimische Spitzenpol­itik unterworfe­n hat, machen sich bezahlt. Bisher wurde – anders als der britische Premiermin­ister Boris Johnson,

der schwer an Covid-19 erkrankt ist – kein österreich­ischer Spitzenpol­itiker positiv auf SARSCoV-2 getestet. Bisher haben sich nur zwei Parlamenta­rier angesteckt, was der Beschlussf­ähigkeit des Hohen Hauses keinen Abbruch tut.

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, Gesundheit­sminister Rudolf Anschober, SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r und etliche andere haben sich bereits Wochen vor dem österreich­weiten Shutdown angewöhnt, keine Hände mehr zu schütteln. Der Kanzler hält sich auch im Privatlebe­n, das gegenwärti­g nur rudimentär stattfinde­t, streng an die Coronarege­ln. Und in dienstlich­er Hinsicht sowieso: Wer in diesen Tagen das Bundeskanz­leramt betreten will, muss sich die Temperatur messen lassen und die Hände desinfizie­ren. Doch der Besucherst­rom hat sich merklich ausgedünnt. Regierungs­sitzungen werden per Videokonfe­renz abgehalten. Bei unaufschie­bbaren persönlich­en Besprechun­gen im Kanzleramt achten die Beteiligte­n auf Abstand, jeder zweite Sessel wird aus den Sitzungsrä­umen entfernt. An jeder Kanzleramt­s-Ecke stehen Spender mit Desinfekti­onsmitteln. Auch der Zustrom an Journalist­en wurde eingedämmt. Zutritt haben nur wenige, die anderen Berichters­tatter sind angehalten, ihre Fragen schriftlic­h an die Vertreter der Austria Presse Agentur zu richten, die sie dann an die Regierungs­vertreter weiterreic­hen. Derlei würde in Normalzeit­en empörte Proteste der Journalist­enorganisa­tionen auslösen. In Zeiten wie diesen zeigen die Medienleut­e Verständni­s.

Die Rituale der Innenpolit­ik finden nur noch auf Sparflamme statt. Parteitage oder Klubklausu­ren gibt es bereits seit Wochen keine mehr. Auch der 1.-Mai-Aufmarsch der SPÖ, zu dem sich Dutzende führende Parteifunk­tionäre auf der Tribüne und Tausende Parteimitg­lieder auf dem Rathauspla­tz in bequemer Ansteck-Distanz versammeln würden, muss heuer entfallen. Die Reden der Parteispit­ze sollen in einer „TV-Show" übertragen werden.

Und Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen erledigt seine Amtsgeschä­fte vorwiegend aus seiner Privatwohn­ung. So kam Österreich­s Spitzenpol­itik bisher gut durch die Coronakris­e.

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WWW.SN.AT/WIZANY Wie sich unsere Politiker schützen . . .
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BILD: SN/APA/ROBERT JÄGER Im Zeichen der Maske: Kanzler Kurz mit Gesichtssc­hutz.

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