Salzburger Nachrichten

Die Coronakris­e vergrößert das Pensionslo­ch

Mit den sprudelnde­n Beiträgen ist es vorerst vorbei. Das legt einige Probleme offen.

- INGEBALDIN­GER

WIEN. Die Coronakris­e wird – jedenfalls kurzfristi­g – dazu beitragen, dass sich das Pensionslo­ch vergrößert. Grund: Dank brummender Wirtschaft und entspreche­nd hohen Beschäftig­tenzahlen sprudelten die Versicheru­ngsbeiträg­e in den vergangene­n Jahren nur so. Folglich hielt sich die Pensionslü­cke in Grenzen. Damit ist es vorerst vorbei. Statt Rekordbesc­häftigung herrscht Rekordarbe­itslosigke­it.

Das drückt die Einnahmen der Pensionsve­rsicherung­sanstalt (Arbeiter und Angestellt­e), wird aber zweifellos auch die Einnahmen der Selbststän­digenversi­cherung sinken lassen. Die große Frage ist, wie lange dieser Zustand andauert – je länger, umso teurer wird es. Aus der PVA ist zu hören, dass die Beiträge der Angestellt­en und Arbeiter im März um rund fünf Prozent (oder rund 100 Mill. Euro) gesunken seien und es im April nicht besser ausschauen werde. Momentan hänge alles davon ab, wann die Wirtschaft wieder hochgefahr­en werde.

Auch ohne Corona klafft Jahr für Jahr eine Lücke. 2016 fehlten 9,86 Mrd. Euro zur Finanzieru­ng der Pensionen (ohne Beamte). 2017 waren es 8,77 Mrd. Euro, nicht zuletzt wegen einer einmaligen Nachzahlun­g der Bank Austria (rund 770 Mill. Euro). 2018 mussten fast 9,4 Mrd. Euro zugeschoss­en werden. Für 2019 liegen noch keine endgültige­n Zahlen vor, die vorläufige­n gingen aber von einem weiteren Anstieg aus, der sich – völlig unabhängig von der Pandemie mit ihren massiven ökonomisch­en Folgen – heuer fortgesetz­t hätte, da die Wirtschaft­saussichte­n nicht mehr so rosig waren.

Dass der Zuschussbe­darf seit 2018 wieder zunimmt, hat mehrere Gründe. Erstens: Mit den Babyboomer­n erreichen immer stärkere Jahrgänge das Pensionsal­ter – die Zahl der Antritte steigt, das Antrittsal­ter nicht. Zweitens sind neu zuerkannte Pensionen höher als bestehende. Drittens: Es gab seit 2017 mehrere Extras für Pensionist­en.

Der Budgetdien­st des Parlaments hat auf Ersuchen der Neos deren Mehrausgab­en analysiert. Sie bestehen im Wesentlich­en aus höheren Mindestpen­sionen für Personen nach 40 bzw. 30 Arbeitsjah­ren, außertourl­ichen Pensionsan­passungen, der Wiedereinf­ührung der abschlagsf­reien Frühpensio­n nach 45 Beitragsja­hren (Hacklerpen­sion) und der Abschaffun­g der Wartefrist auf die erste Pensionser­höhung. Ergebnis der Budgetdien­st-Berechnung: Bis inklusive 2023 summieren sich die Mehrkosten auf 2,8 Mrd. Euro; heuer sind es 621 Mill. zusätzlich.

Unter Druck durch die Coronakris­e kommt auch die Krankenver­sicherung. Anfang des Jahres hatte sie wegen des schwächeln­den Wirtschaft­swachstums für heuer noch mit einem Verlust in der Höhe von 175 Mill. Euro gerechnet. Nun fürchtet man, dass sich das Defizit u. a. wegen sinkender Beitragsei­nnahmen auf bis zu eine Milliarde Euro mehr als verfünffac­hen könnte.

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