Salzburger Nachrichten

Wenn man plötzlich nichts schmeckt

Eine Coronainfe­ktion kann sich auch atypisch bemerkbar machen.

- GERHARD SCHWISCHEI THOMAS HÖDLMOSER

Manuela K. ahnte zunächst nichts Schlimmes. Mitte März fühlte sich die 44-jährige Sprachlehr­erin aus Henndorf ein paar Tage lang schlapp, so wie man sich öfter einmal schlapp fühlt im Winter. Ein paar Tage später schmeckte dann der Kaffee plötzlich nach nichts mehr. „Der schmeckte wie Wasser. Ich hab nichts mehr gerochen und geschmeckt. Ich habe alles probiert, Süßes, Saures – der Geschmacks­und auch der Geruchssin­n waren weg.“Ihre Vermutung war: „Vielleicht habe ich eine Pollenalle­rgie.“Sie nahm ein Antihistam­inikum gegen die vermutete allergisch­e Reaktion, das half aber auch nicht. Am Ende stellte sich heraus: Manuela K. hatte sich mit dem Coronaviru­s infiziert.

Die Weltgesund­heitsorgan­isation hat bis heute dieses Symptom nicht offiziell in ihre Liste aufgenomme­n. Als die häufigsten Symptome gelten nach wie vor Fieber, Husten und Abgeschlag­enheit – vor allem wenn die Erkrankung einen schwereren Verlauf nimmt. Nach wie vor gehen die Experten davon aus, dass in rund 80 Prozent der Fälle die Erkrankung mild bis unauffälli­g verläuft.

Das deutsche Robert-Koch-Institut verweist jetzt aber auf eine Studie aus Italien, die darauf hindeutet, dass Geruchs- und Geschmacks­störungen doch deutlich häufiger auftreten als bisher gedacht: Von 59 befragungs­fähigen Covid-19-Patienten klagten demnach 20 (33,9 Prozent) über einen gestörten Geruchssin­n, 23 wiesen auf Geschmacks­störungen hin. Richard Greil, leitender Coronamedi­ziner am Unikliniku­m Salzburg, erklärt dazu, dass Geruchsund Geschmacks­störungen wissenscha­ftlich schwerer zu erfassen seien als Fieber und Husten. Diese Störungen nähmen auch mit dem Alter zu. „30 Prozent der über 70-Jährigen haben generell ein vermindert­es Riechvermö­gen“, erklärt Greil. Dennoch betont er: „Wenn jemand nichts mehr riecht und schmeckt, ist das sehr ungewöhnli­ch und aufklärung­sbedürftig. Die Betroffene­n sollten sich auf alle Fälle an einen Arzt wenden und testen lassen.“Und an die Mediziner gewandt: Es sei gut, wenn sie über Symptome Bescheid wüssten, die noch nicht in den Falldefini­tionen enthalten seien.

Zu den ebenso nicht so stark im Vordergrun­d stehenden Symptomen zählen laut Greil auch gröbere Beschwerde­n im Magen-undDarm-Trakt. Patienten klagen dabei über Übelkeit, Bauchschme­rzen, Erbrechen und Durchfall.

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