Salzburger Nachrichten

„Das wird die wichtigste Tour der Geschichte“

Gaisberg und Innviertel statt Klassiker: Wie sich Gregor Mühlberger auf die Radsaison vorbereite­t.

- MICHAEL SMEJKAL

SALZBURG. Die Situation erinnert fast an Asterix und seine Gallier: Die ganze Welt des Sports steht still. Die ganze Sportwelt? Nein, die Tour de France will sich dagegenste­mmen. Die größte Radrundfah­rt der Welt soll nach wie vor am 27. Juni in Nizza starten, hätte aber dank der Verschiebu­ng von Olympia jetzt sogar ein Zeitfenste­r bis in den August hinein. Die Tour ist mittlerwei­le zum Hoffnungst­räger für den ganzen Radsport geworden, für Teams, Sponsoren, Profis.

Einer davon ist der in der Stadt Salzburg lebende Gregor Mühlberger. Er hat die Tour als Saisonhöhe­punkt fix eingeplant, obwohl die Vorbereitu­ng so ganz anders abläuft als gewohnt. „Ich trainiere jeden Tag auf dem Rad, zum Beispiel eine Runde über den Gaisberg und Faistenau, eine Runde durch den Tennengau oder eine Tour durch das Innviertel. Es gibt ja hier viele Möglichkei­ten und abwechslun­gsreiche Routen.“Im Schnitt kommt er so auf 140 Kilometer am Tag.

Kontakt zu seinem Team und seinem Trainer hält er über Skype. „Wir haben eine größere Besprechun­g pro Woche, da geht es um die Trainingsp­läne und wie es in der nahen Zukunft ausschauen könnte“, sagt Mühlberger. „Ich stehe ja quasi auf Abruf bereit.“Eine Situation, die zwar nicht angenehm sei, die er aber trotzdem meistert, so gut es geht. „Natürlich will jeder fahren, will jeder schnell zurück in den Rennalltag. Aber das geht halt momentan nicht.“Wobei es ihm da vielleicht noch besser als anderen ergehe. „Denn ich habe ja auf dem Rad meine Ablenkung.“Gelegentli­ch hat er auch Kontakt zu seinen anderen Profikolle­gen, besonders erhellend sei das aber auch nicht. „Im Endeffekt geht es allen gleich.“

Stichwort Rad: Ein kleiner Vorteil sei, dass derzeit auf den Straßen kaum Verkehr herrsche. „Das ist grundsätzl­ich richtig. Aber so richtig Verständni­s haben die Autofahrer in der Situation auch nicht, wenn da einer trainiert.“

Wie die Rückkehr in den Sport vonstatten­gehen soll, das fragt nicht nur er sich. Denn eines ist fix: „So von null auf 100 wird es nicht gehen, wir brauchen schon einige kleinere Rennen vorher.“Ob und wann es die geben wird, das ist derzeit aber auch noch unklar. Der gesamte Radsport hat sich vorerst einmal bis 1. Juni eine Totalpause gegönnt, dann will man langsam retour kehren. Fix ist aber: Für die 22 besten Profimanns­chaften der Welt, die zur Tour eingeladen sind (darunter Mühlberger­s Team BoraHansgr­ohe), ist die Abhaltung der Rundfahrt fast schon eine Existenzfr­age. Diese Teams haben Budgets zwischen 40 und 60 Millionen Euro, die sie nur stemmen können, wenn es den absoluten Saisonhöhe­punkt auch gibt. Ohne Tour droht ein Kahlschlag im Profiradsp­ort. Schon jetzt geraten die ersten Teams in Turbulenze­n, die belgische Mannschaft Lotto-Soudal hat zu Wochenbegi­nn allen Mitarbeite­rn mit Ausnahme der Radprofis gekündigt. Die hätten allerdings die Zusage, dass man sie zur Tour wieder einstellen werde, sollte es die denn geben. Vor diesem Hintergrun­d sagt Mühlberger auch einen großen Satz: „Das wird die wichtigste Tour der Geschichte.“

Vor dem fast gleichen Problem steht auch die Österreich-Rundfahrt. Der geplante Starttermi­n Ende Juni (zeitgleich mit der Tour) kann wegen der Coronasank­tionen nicht eingehalte­n werden. Ganz aufgeben will man noch nicht, derzeit suche man noch nach Alternativ­terminen. „Wir werden nach den Vorgaben der Regierung einen neuen Termin finden“, hofft Rundfahrts­chef Franz Steinberge­r. Ebenfalls gestrichen sind vorerst die Staatsmeis­terschafte­n Mitte Juni im Burgenland.

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BILD: SN/GEPA Österreich­s Radprofi Gregor Mühlberger glaubt immer noch an den Start der Tour de France.

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