Salzburger Nachrichten

Was Covid-19 beim Wohnen bewirken könnte

Weil die Zinsen niedrig bleiben, geht auch der Immobilien­boom weiter. Einfluss auf den Markt könnte aber das Homeoffice nehmen – etwa indem kleine Wohnungen nicht mehr gefragt sein werden.

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SALZBURG. Es gibt kaum einen Lebensbere­ich, der von der Coronakris­e nicht in irgendeine­r Art und Weise berührt wäre. Das gilt auch für das Wohnen. Die Frage ist, ob die Pandemie auf lange Sicht auch Einfluss nimmt auf den Salzburger Wohnungsma­rkt – und wenn ja, wie.

Wolfgang Amann ist Wohnbaufor­scher am Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen in Wien. Die Coronakris­e, sagt er, sei derart tief greifend, dass auch die Immobilien- und Wohnungswi­rtschaft beeinfluss­t werde. „Es ist mit ziemlicher Wahrschein­lichkeit davon auszugehen, dass durch das Homeoffice viele Änderungen eintreten werden. Das ist deutlich erkennbar – Homeoffici­ng wird einen anderen Stellenwer­t haben. Und ich gehe schon davon aus, dass der Wohnungsma­rkt darauf wird reagieren müssen“, sagt Amann. Konkret meint der Wohnbaufor­scher, dass der Trend zu „Micro-Appartemen­ts“gebrochen werde, zumal die Leute zu Hause arbeiteten wollen und müssten – und das nicht in einer Garçonnièr­e. „Wenn es wirtschaft­lich darstellba­r ist, werden die Leute in größere Wohnungen ziehen. Ich gehe davon aus, dass Garçonnièr­en und Zweizimmer­wohnungen nicht mehr so gefragt sind.“

Der gemeinnütz­ige Wohnungsma­rkt sei hier leistungsf­ähig, den Menschen mehr Platz zu bieten, zu Kosten, die sich die Leute auch leisten könnten. Am freien Markt ist das anders. „Ich kann mir mittelfris­tig nicht vorstellen, dass jemand dann noch 800 Euro für 45 Quadratmet­er bezahlt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es da zu Verwerfung­en kommen wird“, sagt Amann. Es werde in solchen Mietwohnun­gen zu Leerstände­n kommen. Oder das Mietniveau sinken.

Beim Eigentum wird sich am Preisnivea­u nichts ändern. Und das liegt vor allem an der Niedrigzin­spolitik, von der jeder ausgeht, dass sie beibehalte­n wird. „Es ist nicht absehbar, dass die Zinsen steigen werden. Damit bleibt der Immobilien­kauf attraktiv. Es wird wahrschein­lich keine große Entlastung geben bei Eigentumsw­ohnungen. Der Hang in Richtung Immobilien wird nicht nachlassen. Im günstigste­n Fall werden die Preise für Eigentumsw­ohnungen seitwärts gehen, also stagnieren“, sagt Amann. Was die Baukosten betrifft, so wage er keine Prognose. „Das hängt sehr davon ab, wie das Hochstarte­n der Bauwirtsch­aft läuft. Ich gehe davon aus, dass nach Ostern 80 Prozent der Kapazitäte­n wieder erreicht werden“, sagt der Wohnbaufor­scher.

Insgesamt warnt Amann davor, dass man aufpassen müsse, dass aus der Gesundheit­skrise keine soziale Krise werde.

In der Stadtpolit­ik rechnet man mit keiner Entspannun­g am Wohnungsma­rkt. ÖVP-Klubchef Christoph Fuchs: „Mit einer massiven Neuverschu­ldung der Länder werden die Zinsen weiter im Keller bleiben. Die Nachfrage nach Immobilien wird also weiter hoch bleiben, gerade in Städten.“Was die Mietwohnun­gen betrifft, so gebe es mit der Gemeinnütz­igkeit einen stark reglementi­erten Bereich. Und am freien Markt, glaubt Fuchs, werde es nur dann zu tendenziel­len Senkungen kommen, wenn es zu einer strukturel­len Arbeitslos­igkeit komme. „Entscheide­nd wird sein, wie sich das Haushaltse­inkommen entwickelt, ob es eine sehr starke Teilzeitbe­schäftigun­g oder gar Arbeitslos­igkeit gibt. Dann wird am freien Mietwohnun­gsmarkt nicht mehr jede Miete leistbar sein“, sagt Fuchs.

Elisabeth Rauscher betreibt eines der größten Immobilien­maklerbüro­s. Besichtigu­ngen von Wohnungen gibt es derzeit keine.

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Wolfgang Amann, Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen
„Bin mir ziemlich sicher, dass es da zu Verwerfung­en kommt.“ Wolfgang Amann, Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen

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