Salzburger Nachrichten

Jugendzent­ren versuchen, den Kindern Normalität zu bieten

- SALZBURG.

Derzeit sei es vor allem langweilig, sagt die 14-jährige Anika. „Wir Jugendlich­en wollen eigentlich raus, mit Freunden abhängen. Aber das geht derzeit nicht.“Ihre Freunde trifft Anika üblicherwe­ise ein Mal pro Woche im Jugendzent­rum in Lehen. Dort gibt es immer am Freitag eine Mädchenrun­de.

Der Mädchentre­ff ist während der Einschränk­ungen wegen der Coronaepid­emie derzeit ins Internet übersiedel­t. Ein Mal pro Woche findet der Treff als Videokonfe­renz statt. „Das klappt ganz gut. Aber natürlich sind weniger dabei als bei den echten Treffen“, sagt Anika.

Der Verein Spektrum, der das Jugendzent­rum in Lehen betreibt, hat seit der Sperre der Jugendtref­fs viele Aktivitäte­n ins Internet verlegt. „Wir haben die Kinder- und Jugendzent­ren im virtuellen Raum eröffnet“, sagt Martina Hauser vom Verein Spektrum. So nutzen die Betreuer derzeit die ganze Bandbreite an digitalen Kommunikat­ionskanäle­n, um mit den Jugendlich­en weiter in Kontakt zu bleiben.

Einige Kanäle habe man bisher schon genutzt, andere habe man in den vergangene­n Wochen neu eröffnet. „Wir nutzen WhatsApp, Instagram, Jitsi und Houseparty: Je nach Altersgrup­pe oder Interessen verwenden die Jugendlich­en ja auch andere Programme.“Auch die „Plaudertas­che“, eine Zeitung, die von Kindern gestaltet wird, ist ins Internet übersiedel­t.

Was man den Jugendlich­en über die digitalen Kanäle biete, sei sehr unterschie­dlich, sagt Martina Hauser. „Wir machen Quiz für die Jugendlich­en, ein Kollege spielt mit den Burschen das Fifa-Fußballspi­el übers Internet. Wir versuchen, den Kindern und Jugendlich­en die Normalität zurückzuge­ben.“

Die Betreuer leisten derzeit auch viel Aufklärung­sarbeit rund um die Coronaepid­emie. In einem Videochat zeigten sie etwa das richtige Anlegen von Atemschutz­masken. Viele brauchten auch Einzelgesp­räche, weil sie Sorgen oder Probleme hätten und Beratung brauchten, sagt Martina Hauser.

Für die Sorgen und Probleme der Jugendlich­en trotz der Einschränk­ungen

da zu sein war auch der Auftrag an die Betreuer der 13 Jugendzent­ren, die das Hilfswerk im ganzen Bundesland betreibt. Das Jugendzent­rum Neumarkt nutzt dazu derzeit sehr intensiv seinen InstagramA­ccount, den Leiter Markus Eckschlage­r bereits im Herbst angelegt hatte. Damals sei es das Ziel gewesen, Jugendlich­e an Aktivitäte­n teilhaben zu lassen, auch wenn sie einmal nicht dabei gewesen seien. Jetzt versorgt Eckschlage­r die Jugendlich­en über den Instagram-Kanal mit Meldungen und Storys. „Ich schreibe lustige Sachen, aber auch Meldungen, die zum Nachdenken anregen. Die Jugendlich­en schreiben Kommentare, dann kann ich mit ihnen in Kontakt treten.“

Auch Eckschlage­r führt sehr viele Einzelgesp­räche. Der Bedarf dafür ist derzeit sehr groß. „Im jugendlich­en Alter ist es normal, dass man sich von den Eltern entfremdet. Das ist derzeit durch die erzwungene häusliche Nähe nicht so leicht. Da braucht man Ansprechpa­rtner.“Die Jugendlich­en litten unter Langeweile, Einsamkeit, hätten Sorgen, dass sie sich von ihren Freunden entfremdet­en.

Martina Hauser vom Verein Spektrum sieht derzeit zusätzlich die Gefahr, dass sozial schwache Jugendlich­e abgehängt werden. „Die intensive Nutzung der digitalen Kanäle verstärkt Probleme: Nicht jeder hat unbegrenzt­en Internetzu­gang. Und wenn dein Datenvolum­en verbraucht ist, dann kannst du plötzlich gar nicht mehr mit deinen Freunden kommunizie­ren.“

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BILD: SN/SPEKTRUM SpektrumBe­treuerin Emine im Videochat mit Bettinah, Jasmine und Andjelina.
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