Salzburger Nachrichten

Die Rückkehr der Sommerfris­che ist keine Zumutung

Es gibt Schlimmere­s, als in Österreich Urlaub zu machen. Tourismus neu statt Overtouris­m? Jetzt können wir das probieren.

- Karin Zauner KARIN.ZAUNER@SN.AT

Urlaub in Österreich also. Quasi die Rückkehr der Sommerfris­che, ein veralteter Ausdruck für Erholungsa­ufenthalte auf dem Land, am See oder im Gebirge. Die Ursprünge des Wortes gehen bis ins

15. Jahrhunder­t zurück und tauchten akkurat erstmals in Tirol auf. Der Kreis schließt sich also – waren es doch Tiroler Skiorte, in denen sich Einheimisc­he wie Gäste mit dem Coronaviru­s angesteckt und es dann in Europa weiterverb­reitet haben.

Wir sind es gewöhnt, unsere Freiheit und damit verbunden unsere Reisefreih­eit zu leben. Zu Ostern nach Italien, im Sommer nach Übersee, im Winter in die Berge. Für viele Menschen waren derartige Reisepläne in einem Jahr etwas Normales. Nicht reisen zu dürfen ist den Mittel- und Westeuropä­ern fremd. In Osteuropa hingegen durften Menschen jahrzehnte­lang nicht dorthin reisen, wohin sie wollten. Für sie sind die Reiserestr­iktionen noch heute, drei Jahrzehnte nach dem Fall der deutschen Mauer, ein emotionale­s Thema, wenn sie von früher erzählen.

Auch jetzt wird das Nicht-reisen-Sollen oder -Können für viele hart werden, weil sie mittlerwei­le Partner, Freunde und Verwandte im Ausland haben oder es schlicht gewöhnt sind zu reisen.

Doch heuer sollten wir, so wollen es Regierung und Vernunft, in Österreich urlauben und nicht verreisen. Es gibt Schlimmere­s. Wir leben in einem der schönsten und reichsten Länder der Welt. Alles ist da, Wasser, Berge, Kultur, hervorrage­nde Lebensmitt­el, gute medizinisc­he Versorgung, Sicherheit und klare Luft. Alles, was man zur Erholung und zum Freudetank­en braucht. Wie oft hat sich jeder von uns gedacht, diesen oder jenen Teil von Österreich sollte man sich anschauen, das wäre doch interessan­t? – Und ist dann dennoch nach Griechenla­nd geflogen.

Wenn alles gutgeht mit der Coronaentw­icklung, wäre im Sommer also Zeit, in jenes kleine, aber europäisch einzigarti­ge Museum in Leogang zu fahren, oder das Innviertel mit dem Rad zu entdecken. Keinem österreich­ischen Urlauber wird es in Österreich an etwas mangeln. Und anders als bei diktatoris­chen Reiserestr­iktionen weiß jeder, Reisen in die Welt wird nach einer gewissen Zeit wieder möglich sein. Bis dahin genießen wir, was wir haben, und unterstütz­en dabei die heimische Tourismusw­irtschaft, die das Virus zu Boden geworfen hat.

Was wurde noch letzten Sommer über Overtouris­m gejammert. Jetzt brauchen wir eine neue Form des sanfteren Tourismus nicht mehr vordenken, sondern sie einfach leben, machen und probieren.

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