Trost in Isolation: Nina Simone sang, um zu leben
Es beginnt mit einer simplen Feststellung: „I sing just to know that I’m alive.“Das passt nicht nur in eine Zeit, da man auf wenige wichtige Dinge zurückgeworfen ist. Es passt in jede Zeit. Und der Song ist schon knapp 40 Jahre alt. Aber erst jetzt, auf dem Album „Fodder on My Wings“, taucht er mit zwölf anderen Liedern von Nina Simone für eine breitere Öffentlichkeit erstmals als Stream auf.
1982 nahm Simone, in deren Stimme stets Kraft, Trost und eine seltene Vielfalt an Farben stecken, dieses Album in Paris auf. Das Album erschien auf einem kleinen französischen Label. Simone, geboren 1933, gestorben nach einem Krebsleiden 2003, war nach einer Zeit privater Exzesse und der Rastund wohl auch Ratlosigkeit in Paris sesshaft geworden.
Mit der Interpretation von Standards oder den Liedern anderer (Jacques Brel, Bob Dylan, George Gershwin ...) hatte sie ab Ende der 1950er-Jahre Erfolg. Immer klang es, als wären diese Lieder für sie geschrieben worden. Mit fremdem Material wurde sie zu einer der größten Stimmen der Populärmusik im 20. Jahrhundert. 1987 wurde ihr Song „My Baby Just Cares for Me“in einem Werbespot verwendet. Finanziell hatte sie nichts davon. In der Pariser Einsamkeit nahm sie dann eigene Songs auf – thematisch geprägt von ihren psychischen Problemen. Dass es eine Neuauflage von „Fodder on My Wings“gibt, wäre nicht nur in Coronazeiten die reine Freude. Doch wie sich Simone in diese Lieder stürzt, alle Emotionen ausleuchtet, darf in Isolation und Ausnahmezustand als Trost empfunden werden. Bisweilen sind diese Erzählungen einer Lebensreise traurig, aber eben schön traurig. Doch es gibt, manchmal zu treibenden Sounds ihrer Band aus afrikanischen Musikern, manchmal zu leiser, behutsamer Begleitung, Momente purer Freude – stets im Angesicht der Gewissheit, dass alles enden wird. „Drink life with full of passion“, heißt es an einer Stelle. Das gilt. Jederzeit.