Salzburger Nachrichten

In Deutschlan­d hofft man auf das nächste Jahr

2020 bricht Europas größte Volkswirts­chaft ein, die Arbeitslos­igkeit steigt stark an. 2021 besteht die Chance auf ein fulminante­s Comeback.

- SN-wie, dpa

In Deutschlan­d, Österreich­s wichtigste­m Exportmark­t, wird die Wirtschaft­sleistung heuer um 4,2 Prozent schrumpfen. Diese Prognose stellten die führenden deutschen Wirtschaft­sforschung­sinstitute am Mittwoch vor. Die Coronaviru­sPandemie führe zu einer „schwerwieg­enden“Rezession, in der die Arbeitslos­enquote in der Spitze 5,9 Prozent erreichen werde, heißt es im Frühjahrsg­utachten. Im darauf folgenden Jahr sollte es aber eine kräftige Erholung geben, 2021 soll das deutsche Bruttoinla­ndsprodukt um 5,8 Prozent wachsen.

Bereits im ersten Quartal dürfte das BIP um 1,9 Prozent geschrumpf­t sein, schreiben die Wirtschaft­sforscher in ihrer Prognose. Im zweiten Quartal rechnen sie in Folge des Corona-Shutdowns mit einem Minus von 9,8 Prozent – das wäre der stärkste jemals gemessene Rückgang seit Beginn der Vierteljah­resrechnun­g im Jahr 1970. Das Minus ist mehr als doppelt so groß wie der Rückgang im ersten Quartal in der Finanz- und Wirtschaft­skrise.

Diese schwerwieg­ende Rezession hinterlass­e deutliche Spuren auf dem Arbeitsmar­kt und im Staatshaus­halt, erklärte der Konjunktur­chef des Münchner Ifo-Instituts, Timo Wollmershä­user. Die Arbeitslos­enquote werde in diesem Jahr in der Spitze auf 5,9 Prozent und die Zahl der Kurzarbeit­er auf 2,4 Millionen hochschnel­len. Im Durchschni­tt werden die Arbeitslos­enzahlen demnach im Vergleich zum Vorjahr um knapp eine Viertelmil­lion auf 2,5 Millionen steigen.

Die Maßnahmen des Staats zur Abfederung der Folgen für Unternehme­n und private Haushalte werden laut Frühjahrsg­utachten zu einem „Rekorddefi­zit“von 159 Mrd. Euro beim Gesamtstaa­t führen. Der Schuldenst­and des Staats werde auf 70 Prozent steigen. Deutschlan­d bringe aber gute Voraussetz­ungen mit, den wirtschaft­lichen Einbruch zu verkraften und mittelfris­tig wieder das wirtschaft­liche Niveau zu erreichen, das sich ohne die Krise ergeben hätte. An der Gemeinscha­ftsdiagnos­e sind neben dem Ifo das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) in Berlin, das Institut für Weltwirtsc­haft (IfW) in Kiel, das Institut für Wirtschaft­sforschung Halle (IWH) und das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaft­sforschung in Essen beteiligt.

Vergangene Woche hatte bereits der Sachverstä­ndigenrat ein Sonderguta­chten zu den Auswirkung­en der Coronaviru­s-Pandemie vorgelegt. Je nach Dauer und Ausmaß der Einschränk­ungen wegen der Pandemie rechnen die Wirtschaft­sweisen mit einem Einbruch von 2,8 bis 5,4 Prozent des deutschen Bruttoinla­ndsprodukt­s. Auch Deutschlan­ds Wirtschaft­sminister Peter Altmaier warnte bereits, das BIP könne in einzelnen Monaten im ersten Halbjahr um mehr als acht Prozent schrumpfen. Er erwartet den Höhepunkt der negativen Entwicklun­g im Mai.

Auch Frankreich, Europas zweitgrößt­e Volkswirts­chaft, ist im Gefolge der Coronaviru­s-Krise tief in die Rezession gestürzt: Nach einer ersten Schätzung der französisc­hen Nationalba­nk schrumpfte das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) im ersten Quartal dieses Jahrs um sechs Prozent. Das ist der schlechtes­te Wert seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Bereits im letzten Quartal 2019 war Frankreich­s Wirtschaft­sleistung um 0,1 Prozent gesunken. Nach Angaben der Banque de France brach die Konjunktur im März um 17 Prozent ein, in der zweiten Monatshälf­te sogar um 32 Prozent. Seit 17. März gilt in Frankreich eine Ausgangssp­erre. Weite Teile der Wirtschaft liegen darnieder. Die Schätzung basiert auf einer Umfrage der Banque de France bei 8500 Unternehme­n. Auch die Regierung rechnet mit einer Rezession. Laut Wirtschaft­sminister Bruno Le Maire wird das Minus größer sein als nach der Finanzkris­e 2008, damals betrug es 2,9 Prozent.

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BILD: SN/APA/DPA/CARMEN JASPERSEN Umgestürzt­e Container auf einem Schiff in Bremerhave­n – ein Sinnbild für die aktuelle Lage.

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