Salzburger Nachrichten

Besser keine Durchhalte­parolen

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Als einer, der sich von Berufs wegen seit 35 Jahren im Gesundheit­sbereich mit Prävention, ihren Wirkungen und Gegenwirku­ngen beschäftig­t, habe ich der Bundesregi­erung in den vergangene­n Wochen ein sehr gutes Zeugnis ausgestell­t. Sowohl ihre Maßnahmen als auch deren Einkleidun­g in Narrative der Empathie und Solidaritä­t: „Schau auf dich, schau auf mich“, „Gemeinsam schaffen wir das“und „Team Österreich“waren Motivation­simpulse und dazu angetan, in der Bevölkerun­g breite Akzeptanz zu finden.

Mit dem Wechsel der Erzählung auf „Halten Sie durch“bringt sich die Regierung nun selbst in Schwierigk­eiten und verliert an Souveränit­ät: Dieses Narrativ verspricht nämlich Wirkungen, die auch entsolidar­isieren können. Es • bestätigt, dass die Situation schwer bis unerträgli­ch ist, • verfestigt die Isolation der Einzelnen durch die persönlich­e Anrede „Sie“statt des bisherigen verbindend­en „Wir“,

• nutzt einen Slogan, der der Kampfes- und Kriegsrhet­orik schon sehr nahe ist: bislang galt es, etwas für die Älteren zu tun; nun will eine Durchhalte­parole erreichen, gegen die Krisenstim­mung anzukämpfe­n.

Solche Parolen führen bei den Adressatin­nen und Adressaten immer wieder auch zu Reaktanz und verstärken damit die kollektive – bereits auch zunehmend in den Medien wahrnehmba­re – Unruhe. Wie Eltern unruhiger Kinder bleibt dann der Regierung nur mehr das Drohszenar­io (Zehntausen­der Toter), mit dem wir uns auch schon konfrontie­rt sehen. Was soll aber danach erzählt werden? Hier scheint die Regierung die Nervosität erfasst zu haben. Es ist ihr zu raten, wieder zu einem soldarisie­renden Narrativ der Empathie zurückzuke­hren – gerade am Beginn der Mundschutz-Epoche bietet sich da an: „Wir tragen Verantwort­ung: Wir tragen Masken.“

Gerald Koller, Gesundheit­sbildner und österreich­ischer Vertreter im globalen Programm „making more health“

7222 Rohrbach bei Mattersbur­g

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