Salzburger Nachrichten

Hoffentlic­h ein Schritt vor, aber nicht zwei zurück

Ob die sanfte Wiederbele­bung der Wirtschaft zu steigenden Covid-19-Zahlen führt, hängt von uns selbst ab.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Österreich geht einen Schritt in Richtung neue Normalität. Kleinere Geschäfte und Baumärkte sperren wieder auf. Die Kundinnen und Kunden müssen ebenso wie die Mitarbeite­r Masken tragen, die Hände desinfizie­ren, möglichst einzeln eintreten. Die Menschen dürfen sich nicht mehr nur mit dem Allernotwe­ndigsten versorgen, sondern sie dürfen auch Dinge einkaufen, die sie nicht zum Überleben brauchen, die sie aber haben möchten.

Das macht den großen Unterschie­d zwischen Karsamstag und dem Dienstag nach Ostern aus: Es gibt ein kleines bisschen mehr Freiheit. Man darf auch wieder Dinge tun, die nicht unbedingt sein müssen.

Viele fragen sich, warum nicht gleich alle Läden geöffnet werden. Warum die Einkaufsze­ntren mit Ausnahme der Lebensmitt­elläden, der Drogeriemä­rkte, Apotheken, Trafiken oder Handyshops weiterhin zuhaben. Warum die Restaurant­s, Kaffeehäus­er und Gastwirtsc­haften nicht zumindest auf den Terrassen etwas servieren dürfen. Warum man auf den ersten Friseurter­min noch bis mindestens 2. Mai warten muss.

Die Regierung und die Experten haben sich bei dieser etappenwei­sen und sanften Wiederbele­bung der Wirtschaft etwas gedacht. Erstens sollen distanzlos­e Massenbewe­gungen verhindert werden. Zweitens

sollen die Menschen erst nach und nach an die Möglichkei­t gewöhnt werden, sich wieder mehr im öffentlich­en Raum zu bewegen und zu konsumiere­n, aber gleichzeit­ig Hygiene- und Abstandsre­geln einzuhalte­n.

Es geht darum, dass wir jetzt nicht einen Schritt nach vorn und dann zwei zurück machen. Der schmale und lange Pfad zur altgewohnt­en Freiheit darf nicht in einem neuen Ansteckung­sexzess münden. Plötzlich wieder exponentie­ll mehr infizierte Menschen, mehr in den Spitälern und mehr auf den Intensivst­ationen als direkte Folge einer Lockerung der Einschränk­ungen, das hätte wohl die sofortige Rückkehr zum kompletten Shutdown zur Folge.

Es liegt jetzt auch sehr viel an uns selbst, ob wir den positiven Kurs in ein neues Leben beibehalte­n können. Vielen von uns fällt bereits die Decke auf den Kopf. Manche werden depressiv, andere aggressiv, einige eigenbrötl­erisch. Der allgemeine Zustand lässt niemanden unberührt. Deshalb müssen wir ihn so bald wie möglich überwinden. Das geht aber nur mit Augenmaß und Vernunft. Dann können wir wieder zu dem werden, was wir von Natur aus sind: Menschen als soziale Wesen.

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