Kann man’s noch einmal kriegen?
Die WHO untersucht Fälle in Südkorea, bei denen es zu einer neuerlichen Infektion gekommen sein könnte. Die möglichen Erklärungen für das Phänomen reichen von problematischen Tests bis zur Mutation des Virus.
WIEN. Nach negativen Virustests als genesen eingestuft – und dann weist ein weiterer Test das Virus doch nach. Nicht ganz hundert derartige Fälle meldet Südkorea. Bei der Weltgesundheitsorganisation lassen sie die Alarmglocken schrillen. Man setze alles daran, jeden einzelnen Fall genauestens zu untersuchen, teilte die WHO via Reuters mit.
Die Ergebnisse sind von eminenter Bedeutung im Kampf gegen die Pandemie. Sie versprechen die Antwort auf die Frage, ob man die Lungenkrankheit mehrmals bekommen kann, sprich: nach einer durchgemachten Infektion doch nicht immun ist. Dann wäre es vorbei mit der Hoffnung so vieler Länder, dass sich die sogenannte Herdenimmunität irgendwann einstellt.
Heinz Burgmann, Leiter der Infektiologie an der MedUni Wien, glaubt nach derzeitigem Wissensstand über das neuartige Coronavirus eher an eine andere Variante: Es könnte sich bei den südkoreanischen Fällen um Personen handeln, „die zu früh als gesund getestet wurden“, also noch nicht ganz durch waren mit der Infektion. Denn es komme sehr stark auf die Tests an, auf ihre Qualität, auf das Wann, das Was und das Wie. So könne es sein, dass bei einem PCRTest im Nasen-Rachen-Raum die gesuchten Virusteilchen nicht mehr nachgewiesen werden, bei einem Test in den Tiefen der Lunge aber schon. Das müsse aber nicht bedeuten, dass die Personen noch infektiös seien. Generell, so Burgmann, sei die PCR-Methode „sehr, sehr sensitiv. Es kann sein, dass ich ein Mal etwas Positives und ein Mal etwas Negatives erwische.“
Die zweite mögliche Erklärung für die südkoreanischen Fälle: Die Personen wurden zwar mit der Infektion fertig, sind aber nicht längerfristig immun, weil nicht ausreichend Antikörper gebildet wurden. Derartiges, so Burgmann, komme – völlig unabhängig von Covid-19 – immer wieder vor, wenn auch selten. „Weil das Immunsystem der Menschen unterschiedlich ausgebildet ist. In diesen Fällen kann es zu einer Reinfektion kommen.“
Die dritte mögliche Erklärung für „Rückfälle“wäre die schlimmste: Das Virus ist bereits mutiert. Damit wären alle Bemühungen, einen Impfstoff und wirksame Medikamente gegen SARS-CoV-2 zu finden, umsonst. „Dass das Virus so schnell mutiert wäre, dass wir jetzt schon ein völlig anderes Virus hätten, kann ich mir eher nicht vorstellen. Da gibt es auch bisher keine Hinweise dafür“, sagt Burgmann. Umso gespannter sei er auf die WHO-Untersuchungsergebnisse.
Michael Studnicka, Leiter der Universitätsklinik für Pneumologie und Lungenheilkunde in Salzburg, führt eine weitere Theorie zur Erklärung der Fälle ins Treffen: Das Coronavirus könne sich vielleicht ähnlich wie die Herpesviren still im Körper verstecken. Dort lauerten sie auf Phasen, in denen das Immunsystem geschwächt ist, um sich dann wieder auszubreiten. Ähnlich sei das bei der Tuberkulose. Das Bakterium wird nach überstandener Erkrankung vom Immunsystem gleichsam im Körper „eingemauert“, wie Studnicka sagt. Auch hier gelte, dass bei Immunschwäche das Bakterium wieder aktiv werden könne, das Risiko dafür liege bei fünf bis zehn Prozent.
Nicht jeder bildet genug Antikörper