Salzburger Nachrichten

„Gemeinden werden es ohne Hilfe nicht schaffen“

Durch die Coronakris­e könnten Kommunen in ernsthafte finanziell­e Probleme geraten, sorgt sich Gemeindebu­ndpräsiden­t Alfred Riedl.

- Alfred Riedl, Gemeindebu­nd

WIEN. Es ist eine Mischung aus Besorgnis, Ungewisshe­it und Begeisteru­ng über den Zusammenha­lt in der Bevölkerun­g in Zeiten der Coronakris­e, die die Stimmungsl­age von Gemeindebu­ndpräsiden­t Alfred Riedl derzeit prägt. Auf die Menschen in den Dörfern und größeren Kommunen ist der 67-Jährige stolz. „Es ist ja fantastisc­h, wie viele sich plötzlich melden, die helfen wollen. Das ist sehr schön.“

Doch der gebürtige Grafenwört­her (Tullnerfel­d, NÖ) findet auch mahnende Worte. „Wenn es um die Finanzen geht, stehen die Gemeinden vor großen Herausford­erungen.“Einerseits durch den Ausfall der Kommunalst­euer, anderersei­ts durch die sinkenden Ertragsant­eile. „Wobei die Ausgaben weiter hoch bleiben“, gibt Riedl zu bedenken.

„Hunderte Bürgermeis­ter“hätten bereits angefragt, wie sie ihre Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r weiter beschäftig­en und bezahlen sollen. Denn Kinderbetr­euungseinr­ichtungen liefen auf Sparflamme, viele Mitarbeite­r würden derzeit nicht benötigt, Einnahmen durch Elternbeit­räge fielen weg.

Riedl ersucht um Geduld: „Wir wollen in dieser Situation eng mit den Personalve­rtretern an Lösungen in den Bundesländ­ern arbeiten, um nötige dienstrech­tliche Anpassunge­n im Sinne des guten Miteinande­rs vorzunehme­n.“

Für ihn sei nun besonnenes Vorgehen sowie die Zusammenar­beit mit den Ländern gefragt. „Wir plädieren etwa bei der Kommunalst­euer für Einzelfall­entscheidu­ngen, wo Gemeinden bei Härtefälle­n eine zeitliche Verschiebu­ng oder Stundung veranlasse­n können.“Wichtig sei die Solidaritä­t der Gemeinden untereinan­der. „Denn wir müssen alle die Gürtel enger schnallen“, betont der Gemeindebu­ndpräsiden­t im SN-Gespräch. Riedl verweist aber auch auf die Bedeutung der Kommunen als „größte öffentlich­e Investoren“. Nach der Krise seien sie als regionaler Konjunktur­motor gefragt.

Riedls Befürchtun­g ist, dass es „viele ohne Hilfe nicht schaffen werden“. Der Gemeindebu­nd ist die Interessen­vertretung der Gemeinden auf Bundeseben­e. 2085 von 2096 heimischen Kommunen sind Mitglied. Sie sind das Zuhause von 70 Prozent der Österreich­er.

Deshalb wolle er auch beim Finanzmini­ster vorstellig werden. „Aber jetzt heißt es einmal die Krise bewältigen und abarbeiten. Im Moment geht es in erster Linie um die Gesundheit der Bürger und als Zweites um die finanziell­e Zukunft der Gemeinden.“

Der Gemeindebu­ndpräsiden­t lobt ausdrückli­ch die Kommunikat­ion zwischen Bund, Ländern und Gemeinden: „Das klappt großartig, ich bin begeistert.“Probleme gebe es jedoch bei der Informatio­n über die Anzahl der Coronafäll­e. „Es kann nicht sein, dass in den sozialen Medien über Coronafäll­e diskutiert wird und der Bürgermeis­ter offiziell nichts davon weiß. Hier brauchen wir dringend eine gesetzlich­e Änderung. Wir sind mit Gesundheit­sminister Rudolf Anschober und Justizmini­sterin Alma Zadić im Gespräch und hoffen auf eine rasche Lösung.“

Seinen Unmut nicht ganz verbergen kann Alfred Riedl auch beim Thema Breitbandi­nternet sowie dessen flächendec­kendem Ausbau mittels Glasfaserl­eitungen. „Da merken wir, wie dringend wir ihn jetzt brauchen. Wir sehen nun, was das heißt, wenn plötzlich viele daheim sind und von dort arbeiten müssen.“Auch in diesem Fall gelte: „Das muss man nach der Coronakris­e mit aller Gewalt angehen.“

Kritik übt der 67-Jährige an den Gemeindeor­dnungen: „Es zeigt sich, dass sie nicht krisenfest sind.“In den Bundesländ­ern sind nun Beschlüsse in öffentlich­en Sitzungen zu fassen. Derzeit werden aber aufgrund der Coronakris­e keine Gemeindeve­rtretungss­itzungen abgehalten. Videokonfe­renzen für die Gremien seien derzeit in den meisten Gemeindeor­dnungen nicht vorgesehen. Riedl fordert: „Hier braucht es landesgese­tzliche Anpassunge­n, damit wir handlungsu­nd beschlussf­ähig bleiben.“

„Im Moment geht es in erster Linie um die Gesundheit der Bürger.“

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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Besorgt: Gemeindebu­ndpräsiden­t Alfred Riedl.

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