Pestschnabel, Lepraklapper und eine Ameise namens Corona
Corona, 353. Folge: Warum übermäßige Körperpflege das Abstandhalten erschwert.
Man soll ja keine verfrühten Hoffnungen hegen, aber können Sie sich noch an die erste Mondlandung erinnern? Wäre es damals denkbar gewesen, dass eine Zeitung ohne Mondlandungsberichte erschienen wäre?
Oder können Sie sich vorstellen, dass es zu den Hoch-Zeiten Jörg Haiders eine Zeitung gegeben hätte, die nicht täglich mindestens einen Haider-Artikel abdruckte? In beiden Fällen schien es völlig denkunmöglich, dass es je wieder Nachrichten ohne Erwähnung des damaligen Themas Nummer 1 geben würde. Aber was soll man sagen: Es ist passiert!
Ohne jetzt die Mondlandung oder Jörg Haider mit dem Coronavirus vergleichen zu wollen, zeigen diese Beispiele doch eines: Auch wenn es momentan unvorstellbar ist, wird die Zeit kommen, da man die Zeitung aufschlagen und den Fernseher wird einschalten können, ohne ein einziges Mal auf das Wort Corona zu stoßen. Paradiesisch, nicht wahr?
Bis wir den nachrichtenmäßigen Coronaelefanten zur Mücke gemacht haben, wird es allerdings noch dauern. Obwohl: Eine Ameise ist Corona bereits. Die niederösterreichische Ortschaft St. Corona am Wechsel führt als Gemeinde-Maskottchen eine kleine Ameise namens Corona. Was den thematischen Wandel und die Coronaschrumpfung betrifft, hat die Gemeinde St. Corona am Wechsel also eindeutig den Elefantenrüssel vorn.
Was jeder von uns zu dieser Schrumpfung beitragen kann, wird man nicht müde uns täglich mitzuteilen. Die oberste Maxime lautet: Abstand halten! Das ist logisch und lang erprobt. Bei Ausbruch der Lepra waren die Aussätzigen dazu angehalten, mit sogenannten Lepraklappern alle Menschen im Umkreis auf ihre Krankheit aufmerksam zu machen und sie vor dem Näherkommen zu warnen. Heute wirkt das in unseren Augen mittelalterlich. Heute haben wir ja Tracking.
Zu den Zeiten der Pest trugen die Ärzte Pestschnäbel. Diese vogelartige Vorrichtung sollte verhindern, dass sie den Atem der Pestkranken einatmen. Und durch seine Länge sorgte der Pestschnabel auch automatisch für den gebotenen Abstand. Man weiß nicht, ob unsere strenge Bundesregierung das erlaubt, aber theoretisch könnte man statt einer Maske auch einen Pestschnabel umschnallen. Oder sich eine Pinocchio-Nase erlügen.
Zu Zeiten, als die Körperpflege eine Sache für hohe Feiertage war und es Vollbäder nur zu Ostern und Weihnachten gab, dürfte das mit dem Einander-nahe-Kommen überhaupt nicht so ein Problem gewesen sein. Ein anrüchiger Rat, gewiss. Aber stellen Sie sich vor: Ostern ist heuer praktisch ausgefallen und das nächste Bad findet erst zu Weihnachten statt. Würde Ihnen da jemand nahe kommen?