Wie die Fernlehre abläuft
Auf einem neuen Portal sollen gebündelt Tablets verteilt werden und pensionierte Lehrer beim Heimunterricht helfen. Für die Fernlehre selbst gibt es aber nach wie vor keine einheitliche Plattform.
Ministerium will keine Plattform bevorzugen
WIEN. Eigentlich laufe der Fernunterricht wirklich gut, schildert eine Salzburger Gymnasiallehrerin, die nicht namentlich genannt werden will. Dennoch seien die Anforderungen hoch: Fast im Minutentakt bekomme sie E-Mails von Schülern, die offene Anliegen hätten. „Mein Arbeitstag beginnt um 8 Uhr – und endet nicht vor 18, 19 Uhr.“
Um diesen Herausforderungen besser gerecht zu werden, hat das Bildungsministerium am Dienstag die Plattform #weiterlernen lanciert. In den vergangenen Wochen habe sich eine Reihe von zivilgesellschaftlichen Initiativen entwickelt – mit dem Ziel, Schülern, Eltern, Lehrern beim sogenannten Homeschooling zu helfen, beschreibt Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). „Wir stellen mit der Plattform nun sicher, dass dieses Engagement dort ankommt, wo es gebraucht wird.“
Einerseits werden auf weiterlernen.at Infomaterial und Webinare zur Verfügung gestellt. Andererseits können sich über die Plattform Schüler wie Lehrer melden, sollten ihnen Geräte für den Fernunterricht fehlen. Gespendete Tablets, Notebooks etc. würden dann nach „strengen Richtlinien“verteilt, schildert das Ministerium. Als Partner für diesen Bereich konnte etwa der Verein der Technologie-Journalistinnen und -Journalisten Österreichs gewonnen werden. Ferner werden auf #weiterlernen sogenannte Digitale Buddies vermittelt. Ältere Schüler, Studierende, pensionierte Lehrer und andere Experten sollen online zur Verfügung stehen, wenn es „schulische Herausforderungen“gibt.
Die Herausforderungen für die „Buddies“werden in jedem Fall breit gestreut sein – nicht nur pädagogisch, sondern auch technologisch. Denn es gibt keine einheitliche Fernlehre-Plattform: Auf eduthek.at wird zwar gesammelt Lernmaterial
für Schüler bereitgestellt. Man habe aber den Schulen die freie Wahl lassen wollen, wie man den Lernstoff vermittelt. Zudem wollte man die Monopolstellung eines Anbieters verhindern, schildert das Ministerium. Schulleitungen würden lediglich ersucht, „innerhalb eines Standorts eine gewisse Einheitlichkeit herzustellen“. Doch selbst das sei nicht wirklich gegeben, ergänzt die Salzburger Gymnasiallehrerin: „Im Grunde entscheidet ein jeder Lehrer selbst, auf was er setzt.“Die einzige Vorgabe sei, dass datenschutzkonform gearbeitet werde. Deshalb solle man auf Dienste wie WhatsApp verzichten.
Als Grundlage für ihr digitales Angebot nutzen die Bildungseinrichtungen Lernplattformen wie LMS, Blackboard (auch an der Uni Salzburg im Einsatz) oder Moodle. Dort können Aufgaben gestellt, Unterlagen weitergereicht oder Debatten geführt werden. Mit rund 300.000 Nutzern täglich sei Moodle am beliebtesten, schildert das Ministerium. Doch noch bunter wird es bei jener Software, die auf den Lernplattformen aufbaut – und mit der etwa Videounterricht abgehalten wird. „Ich arbeite mit E-Mail und Skype. Andere mit Microsoft Teams, wieder andere erstellen YouTube-Videos“, beschreibt die Salzburger Lehrerin. Dazu werde vieles ohne Plattform gelöst: Die Schülern würden Aufgaben in ihren Büchern lösen, diese dann einscannen oder fotografieren und den Lehrern per E-Mail schicken.
Auch an den Hochschulen werde verschiedene Software verwendet, bestätigt Gerhard Blechinger, Rektor der FH Salzburg. Zwar sei Moodle das dominierende Grundlagensystem an der FH. Darüber hinaus gebe es aber kaum Einschränkungen. „Wenn es jemand für opportun hält, auf YouTube ein Seminar zu halten, ist das für uns ebenso okay wie eine Besprechung per Skype.“Diese Bandbreite habe die schnelle Umstellung auf Fernlehre erst möglich gemacht. „Uns geht die Verbreitung der Digitalisierung vor der Reglementierung.“
Unabhängig von den Plattformen sei reine Fernlehre auf Dauer keine Lösung, sagt Blechinger. Und die Salzburger Gymnasiallehrerin ist ähnlicher Ansicht. Das Persönliche sei nicht zu ersetzen. Denn: „Man darf nicht vergessen, dass wir nicht nur Inhalte vermitteln. Wir sind auch für das Soziale da.“