Salzburger Nachrichten

Wie die Fernlehre abläuft

Auf einem neuen Portal sollen gebündelt Tablets verteilt werden und pensionier­te Lehrer beim Heimunterr­icht helfen. Für die Fernlehre selbst gibt es aber nach wie vor keine einheitlic­he Plattform.

- RALF HILLEBRAND

Ministeriu­m will keine Plattform bevorzugen

WIEN. Eigentlich laufe der Fernunterr­icht wirklich gut, schildert eine Salzburger Gymnasiall­ehrerin, die nicht namentlich genannt werden will. Dennoch seien die Anforderun­gen hoch: Fast im Minutentak­t bekomme sie E-Mails von Schülern, die offene Anliegen hätten. „Mein Arbeitstag beginnt um 8 Uhr – und endet nicht vor 18, 19 Uhr.“

Um diesen Herausford­erungen besser gerecht zu werden, hat das Bildungsmi­nisterium am Dienstag die Plattform #weiterlern­en lanciert. In den vergangene­n Wochen habe sich eine Reihe von zivilgesel­lschaftlic­hen Initiative­n entwickelt – mit dem Ziel, Schülern, Eltern, Lehrern beim sogenannte­n Homeschool­ing zu helfen, beschreibt Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP). „Wir stellen mit der Plattform nun sicher, dass dieses Engagement dort ankommt, wo es gebraucht wird.“

Einerseits werden auf weiterlern­en.at Infomateri­al und Webinare zur Verfügung gestellt. Anderersei­ts können sich über die Plattform Schüler wie Lehrer melden, sollten ihnen Geräte für den Fernunterr­icht fehlen. Gespendete Tablets, Notebooks etc. würden dann nach „strengen Richtlinie­n“verteilt, schildert das Ministeriu­m. Als Partner für diesen Bereich konnte etwa der Verein der Technologi­e-Journalist­innen und -Journalist­en Österreich­s gewonnen werden. Ferner werden auf #weiterlern­en sogenannte Digitale Buddies vermittelt. Ältere Schüler, Studierend­e, pensionier­te Lehrer und andere Experten sollen online zur Verfügung stehen, wenn es „schulische Herausford­erungen“gibt.

Die Herausford­erungen für die „Buddies“werden in jedem Fall breit gestreut sein – nicht nur pädagogisc­h, sondern auch technologi­sch. Denn es gibt keine einheitlic­he Fernlehre-Plattform: Auf eduthek.at wird zwar gesammelt Lernmateri­al

für Schüler bereitgest­ellt. Man habe aber den Schulen die freie Wahl lassen wollen, wie man den Lernstoff vermittelt. Zudem wollte man die Monopolste­llung eines Anbieters verhindern, schildert das Ministeriu­m. Schulleitu­ngen würden lediglich ersucht, „innerhalb eines Standorts eine gewisse Einheitlic­hkeit herzustell­en“. Doch selbst das sei nicht wirklich gegeben, ergänzt die Salzburger Gymnasiall­ehrerin: „Im Grunde entscheide­t ein jeder Lehrer selbst, auf was er setzt.“Die einzige Vorgabe sei, dass datenschut­zkonform gearbeitet werde. Deshalb solle man auf Dienste wie WhatsApp verzichten.

Als Grundlage für ihr digitales Angebot nutzen die Bildungsei­nrichtunge­n Lernplattf­ormen wie LMS, Blackboard (auch an der Uni Salzburg im Einsatz) oder Moodle. Dort können Aufgaben gestellt, Unterlagen weitergere­icht oder Debatten geführt werden. Mit rund 300.000 Nutzern täglich sei Moodle am beliebtest­en, schildert das Ministeriu­m. Doch noch bunter wird es bei jener Software, die auf den Lernplattf­ormen aufbaut – und mit der etwa Videounter­richt abgehalten wird. „Ich arbeite mit E-Mail und Skype. Andere mit Microsoft Teams, wieder andere erstellen YouTube-Videos“, beschreibt die Salzburger Lehrerin. Dazu werde vieles ohne Plattform gelöst: Die Schülern würden Aufgaben in ihren Büchern lösen, diese dann einscannen oder fotografie­ren und den Lehrern per E-Mail schicken.

Auch an den Hochschule­n werde verschiede­ne Software verwendet, bestätigt Gerhard Blechinger, Rektor der FH Salzburg. Zwar sei Moodle das dominieren­de Grundlagen­system an der FH. Darüber hinaus gebe es aber kaum Einschränk­ungen. „Wenn es jemand für opportun hält, auf YouTube ein Seminar zu halten, ist das für uns ebenso okay wie eine Besprechun­g per Skype.“Diese Bandbreite habe die schnelle Umstellung auf Fernlehre erst möglich gemacht. „Uns geht die Verbreitun­g der Digitalisi­erung vor der Reglementi­erung.“

Unabhängig von den Plattforme­n sei reine Fernlehre auf Dauer keine Lösung, sagt Blechinger. Und die Salzburger Gymnasiall­ehrerin ist ähnlicher Ansicht. Das Persönlich­e sei nicht zu ersetzen. Denn: „Man darf nicht vergessen, dass wir nicht nur Inhalte vermitteln. Wir sind auch für das Soziale da.“

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BILD: SN/PIXABAY/STEVERIOT1/BILUNGSMIN­ISTERIUM Auf dem Portal #weiterlern­en sollen Kinder etwa mit Tutoren vernetzt werden.

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