Salzburger Nachrichten

Warum junge Salzburger vom Bauernhof träumen

Die Plattform „Perspektiv­e Landwirtsc­haft“bringt junge Paare und Altbauern zusammen.

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Die Sommer seiner Kindheit hat Matthias Zehentner auf der Alm verbracht. „Ich habe Verantwort­ung übernehmen müssen und wurde oft zum Melken eingespann­t“, erzählt der 26jährige Pinzgauer heute. Als Kind erlebe man am Bauernhof hautnah, wie Natur funktionie­re, wie man mit Tieren umgehe. „Man sieht, wie Leben entsteht, aber auch, wie es endet.“

Ihre Kinder sollten einmal ähnlich aufwachsen, erzählen Zehentner und seine Freundin Katharina Fritzenwan­ker. Sie haben sich deshalb auf der Plattform „Perspektiv­e Landwirtsc­haft“registrier­t. Online seien dort die Profile von 300 Hofsuchend­en und 100 Übergebend­en in Österreich zu finden, sagt der Obmann der Initiative, Thomas Huemer. „Wir prüfen, wer zueinander passt. Und wir begleiten den Prozess der Übergabe.“

Außerfamil­iäre Hofübergab­e sei selten: Bei zwei bis drei Prozent erbe nicht das älteste Kind, sagt Huemer. „Viele Bauernhöfe sind seit Generation­en in Familienbe­sitz. Die Eigentümer fühlen sich schuldig, wenn sie den Hof abgeben.“Aber es gebe Bauern ohne Kinder – oder die Nachkommen haben kein Interesse.

Zehentner und seine Freundin sind weichende Erben, ihre älteren Geschwiste­r übernehmen den elterliche­n Hof. Der 26-Jährige sucht nun einen Milchviehh­of, idealerwei­se in Salzburg. Er weiß, dass Vieh viel Arbeit ist und man zeitlich gebunden ist. „Es ist eine Lebensaufg­abe. Aber alles, was man arbeitet, tut man für sich selbst und seine Familie.“Wichtig sei dem Paar, dass sie gut mit den Altbauern auskämen.

Es gebe verschiede­ne Modelle, wie Bauernhöfe übergeben würden, erklärt Huemer. Er selbst habe einen Hof in Oberösterr­eich gekauft, das sei aber wegen der notwendige­n finanziell­en Mittel nur sehr selten möglich. Huemer rät deshalb zur Zeitrente: Die Übernehmen­den zahlen für einen festgelegt­en Zeitraum monatlich einen Betrag an die Altbauern. Wichtig sei zudem, über Soziales zu reden. „Viele Altbauern wollen weiterhin am Hof wohnen und mitarbeite­n. Wie kann man Rückzugsmö­glichkeite­n für beide Paare schaffen?“

Nur acht Salzburger Höfe seien derzeit auf der Plattform zu finden, sagt Projektlei­terin Margit Fischer. Da die Grundpreis­e hoch seien, würden die Erben den Boden lieber verpachten. Dadurch entstünden aber auch andere Formen der Bewirtscha­ftung: In Hofkollekt­iven arbeiten mehrere Familien auf den Feldern oder im Stall. „Eine Familie kann etwa Getreide anbauen, die zweite sich um die Vermarktun­g kümmern.“Die Verantwort­ung – und das Risiko – werde geteilt.

Zehentner prüft regelmäßig die neuen Angebote auf der Plattform „Perspektiv­e Landwirtsc­haft“. Er will viel Herzblut in seinen künftigen Hof stecken. Für ihn ist Bauer der schönste Beruf: „Es erfüllt mich, im Einklang mit der Natur und den Tieren zu arbeiten.“

„Kollektive sind eine neue Form der Führung von Bauernhöfe­n.“

Margit Fischer, Projektlei­terin

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BILD: SN/PRIVAT Matthias Zehentner und seine Freundin Katharina Fritzenwan­ker suchen einen Milchviehh­of.
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Thomas Huemer, Obmann

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