Salzburger Nachrichten

Coronarege­ln: Regierung verspricht mehr Transparen­z

Demokratie trotz Corona: Ein Ausschuss soll die von der Regierung verhängten Restriktio­nen kontrollie­ren, ein Expertengr­emium wird auf die Verfassung­smäßigkeit achten.

- WWW.SN.AT/WIZANY a.k.

Die Regierungs­fraktionen fahren über die Opposition drüber und nehmen sogar in Kauf, dass einzelne Anti-Corona-Maßnahmen der Bundesverf­assung widersprec­hen: Diesen Vorwurf erhoben in den vergangene­n Tagen Politiker von SPÖ, FPÖ und Neos. Daher wollen die Regierungs­fraktionen der Opposition nun ein Stück weit entgegenge­hen.

Und zwar durch zwei Maßnahmen. Zum einen kündigte Gesundheit­sminister Rudolf Anschober die Einsetzung einer Expertengr­uppe an. Diese soll, wie es heißt, den Minister „in rechtliche­n Fragestell­ungen, insbesonde­re bei der Vorbereitu­ng von Covid-Maßnahmenp­aket VI und weiteren legistisch­en Maßnahmen“beraten. Anschober reagiert damit auf Kritik, wonach einige Maßnahmen, die die Regierung beschlosse­n hat, verfassung­swidrig sein könnten. Der Expertengr­uppe gehören unter anderem zwei prominente Mitglieder der Übergangsr­egierung Bierlein an. Und zwar ExJustizmi­nister Clemens Jabloner und Ex-Innenminis­ter Wolfgang Peschorn. Jabloner ortete in einem Gespräch mit der APA „grundsätzl­ich Verbesseru­ngsbedarf“bei den Maßnahmen. „Das alles verlangt großen Interpreta­tionsaufwa­nd. Das ist ein Missstand“, kritisiert der Jurist. Das Hauptprobl­em liegt darin, dass nicht ganz klar ist, was tatsächlic­h angeordnet wurde. „Es muss allen Menschen klar sein, was sie tun dürfen und was ihnen verboten ist“, sagt der einstige Justizmini­ster und Präsident des Verwaltung­sgerichtsh­ofs.

Das zweite Angebot der Koalition an die Opposition besteht im Vorschlag, im Parlament einen eigenen Corona-Ausschuss (oder Unteraussc­huss) einzuricht­en – gewisserma­ßen

als „begleitend­es parlamenta­risches Kontrollin­strument“, wie ÖVP-Klubchef August Wöginger den SN erläuterte. Diesem Ausschuss sollten alle Maßnahmen vorgelegt werden, die die Regierung

im Zusammenha­ng mit der Coronabekä­mpfung setzt, von der Beschaffun­g von Schutzausr­üstung bis zu den Einschränk­ungen des Kulturbetr­iebs, von der Kurzarbeit bis zu sonstigen wirtschaft­liche Maßnahmen.

Im Gegenzug fordert Wöginger die Opposition­sfraktione­n auf, den Beirat zu beschicken, der die Abwicklung und Auszahlung der Coronahilf­e kontrollie­ren soll. Bisher boykottier­ten SPÖ, FPÖ und Neos diesen Beirat, und zwar mit dem Argument, dass er „zahnlos“sei. Diesem Argument kann die grüne Klubchefin Sigrid Maurer nichts abgewinnen: Der Beirat habe volle Einsicht, könne alle Unterlagen einsehen und in Echtzeit kontrollie­ren. Daher verstehe sie diesen Boykott nicht, sagt Maurer.

Und welche Anti-CoronaMaßn­ahmen stehen nun im Verdacht, gegen die Bundesverf­assung zu verstoßen? Es geht vor allem um Grundrecht­sfragen. Die De-facto-Ausgangssp­erre könnte mit dem Recht auf Freizügigk­eit der Person kollidiere­n. Das De-facto-Verbot, ältere Verwandte zu besuchen, steht in Kontrast zum Recht auf Familienle­ben. Die Stilllegun­g der Wirtschaft beschneide­t die unternehme­rische Freiheit und die Berufsfrei­heit. Das per Verordnung verhängte faktische Verbot, den öffentlich­en Raum zu betreten, könnte eine zu weitgehend­e Interpreta­tion des CovidMaßna­hmengesetz­es sein. Dort heißt es, dass die Regierung „das Betreten von bestimmten Orten“(nicht aber des gesamten öffentlich­en Raums) untersagen darf. Ob die Verfassung verletzt wurde, entscheide­t der Verfassung­sgerichtsh­of.

Und wie steht’s mit der Verfassung­smäßigkeit?

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Von Ermächtigu­ngskanonen und Coronaspat­zen . . .

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