Salzburger Nachrichten

Demokratie auch in Coronazeit­en

- ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Widersprec­hen die von Regierung und Parlament angesichts der Coronakris­e beschlosse­nen Grundrecht­seingriffe und sonstigen Notfallmaß­nahmen der Bundesverf­assung? Das kommt darauf an, welchen Verfassung­srechtler man fragt. Der Bundeskanz­ler jedenfalls hat am Dienstag relativ nonchalant erklärt, über die Verfassung­smäßigkeit der beschlosse­nen Maßnahmen werde zu gegebener Zeit der Verfassung­sgerichtsh­of entscheide­n.

Diese Aussage hat dem Kanzler viel Kritik eingebrach­t, von wegen: schlampige­r Umgang mit dem Rechtsstaa­t. Dabei hat Sebastian Kurz nur eine Selbstvers­tändlichke­it ausgesproc­hen. Nämlich die Selbstvers­tändlichke­it, dass hierzuland­e über die Frage, ob ein Gesetz oder eine Verordnung der Bundesverf­assung entspricht, immer nur erst hinterher – also wenn das Gesetz und die Verordnung bereits in Kraft sind – entschiede­n werden kann. Und zwar durch den Verfassung­sgerichtsh­of. Eine rechtsverb­indliche Vorabprüfu­ng von Rechtsvors­chriften ist in Österreich nicht vorgesehen.

Und das ist auch sinnvoll. Würden die Anti-Corona-Maßnahmen erst in Kraft treten, nachdem der Verfassung­sgerichtsh­of dazu seinen Segen gegeben hat, wäre längst das hiesige Gesundheit­ssystem kollabiert – mit allen tödlichen Folgen. Der Rechtsstaa­t wird nicht gefährdet durch die Raschheit, mit der Regierung und Parlament auf Corona reagiert haben. Er würde gefährdet, wenn Regierung und Parlament die Korrekture­n, die der Verfassung­sgerichtsh­of gewiss vornehmen wird, nicht auf Punkt und Beistrich erfüllen. Darauf wird von der Opposition, den Medien, der Zivilgesel­lschaft zu achten sein.

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Andreas Koller

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