Salzburger Nachrichten

Wie sich von der Leyen zurück ins Geschehen kämpft

- SYLVIA.WOERGETTER@SN.AT

Eine Exit-Strategie soll den Ländern der EU den schrittwei­sen Weg aus der Krise zurück in die Normalität weisen. Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und Ratspräsid­ent Charles Michel haben diesen Fahrplan am Mittwoch in Brüssel präsentier­t. Demnach müssen drei Voraussetz­ungen erfüllt sein, damit die Länder ihre Maßnahmen im Kampf gegen die Coronapand­emie wieder zurückfahr­en können, heißt es: deutlich sinkende Infektions­zahlen, ausreichen­de Kapazitäte­n im Gesundheit­ssystem und eine Überwachun­g der Ausbreitun­g des Virus, etwa durch Testreihen.

No na, ist man versucht zu spotten; für diese Erkenntnis­se hätte man die EU-Kommission nicht gebraucht. Doch damit täte man der Brüsseler Behörde und ihrer Chefin Unrecht. Denn es waren die 27 Staats- und Regierungs­chefs, die die Exit-Strategie auf ihrem jüngsten Videogipfe­l am 26. März in Auftrag gegeben hatten. Und zwar, um geordnet und koordinier­t aus der Krise zu kommen.

Und es sind die Staats- und Regierungs­chefs, die das Vorhaben wieder unterlaufe­n. Von der Leyen wollte das Papier, das auch einen Aktionspla­n enthält, bereits vor einer Woche vorstellen. Doch sie setzte den Termin auf Druck aus den Hauptstädt­en – auch aus

Wien – wieder ab. Vor Ostern sei es zu früh, um über einen Ausstieg zu reden. Eine Reihe von Staaten hat das dann doch getan und erste Lockerunge­n der Wirtschaft­sbeschränk­ungen verfügt. In Österreich – beispielsw­eise – dürfen kleine Geschäfte sowie Bauund Gartenmärk­te wieder offen haben, in Italien Buchhandlu­ngen und Kindermode­geschäfte, in Dänemark sperren Kindertage­sstätten und Volksschul­en auf.

Bleibt die Hoffnung, dass die Grenzkontr­ollen koordinier­t zurückgeno­mmen werden, wenn es so weit ist. „Gute Nachbarn sprechen ja miteinande­r“, meinte von der Leyen. Und betonte zugleich, dass das noch eine ganze Weile dauern werde. Auf lange Sicht, „wenn wir das Virus besiegt haben, müssen die Grenzen aber wieder offen sein“, sagte sie.

Und bis dahin? Ist die Kommission abgemeldet? Davon ist nicht auszugehen. Von der Leyen kämpft sich zurück ins Geschehen. Am Mittwoch kündigte sie für den 4. Mai eine große Geberkonfe­renz an, auf der online Mittel für die Entwicklun­g eines Impfstoffs gesammelt werden sollen. Erst wenn es den gibt, wird die Gefahr durch das Coronaviru­s wirklich gebannt sein.

Die Kommission­schefin hat außerdem ein neues Instrument zur Finanzieru­ng der Kurzarbeit namens SURE vorgestell­t, über das 100 Milliarden Euro aufgebrach­t werden. Das macht immerhin ein Fünftel des ersten europäisch­en Coronarett­ungspakets aus.

Und dann wird die Kommission, namentlich Johannes Hahn, noch einen neuen Entwurf für das nächste Mehrjahres­budget der Union (2021 bis 2027) vorlegen. Diesem Budget ist die „zentrale Rolle“in der Bekämpfung der Krise zugedacht. Und die Bringschul­d liegt hier klar bei den 27 Regierungs­chefs. Denn sie müssen sich erstens darauf einigen und zweitens genügend einzahlen.

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Sylvia Wörgetter

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