Salzburger Nachrichten

Großer Wunsch nach Betreuung Heimarbeit überforder­t Eltern

Auch mit der Öffnung weiterer Geschäfte wächst der Bedarf nach Kinderbetr­euung. Die Gemeinden fordern klarere Spielregel­n.

- BARBARA HAIMERL

Nur wenige Eltern meldeten in den Vorwochen in den 600 Kindergärt­en und Krabbelgru­ppen im Land Betreuungs­bedarf an. Nur rund 430 Kinder wurden bis Ostern betreut, das sind zwei Prozent der Mädchen und Buben, die sonst kommen. Mit der Lockerung der CoronaMaßn­ahmen steigt die Nachfrage, etwa bei Frauen, die im Handel arbeiten.

So hat sich etwa die Zahl der betreuten Kinder in den zehn Einrichtun­gen von Koko seit Dienstag auf zehn Prozent verdoppelt. „Derzeit betreuen wir insgesamt 50 Kinder“, sagt Geschäftsf­ührer Wolfgang Gallei. Ebenfalls 50 Kinder werden derzeit in den städtische­n Kindergärt­en in Salzburg betreut. Während dort die Nachfrage nach wie vor stagniere, steige sie in den Schulen stark an, betont Vizebürger­meister Bernhard Auinger (SPÖ). „Bisher waren maximal zwei Kinder pro Volksschul­e in Betreuung, mittlerwei­le sind es bis zu 15, Tendenz steigend.“

Verwirrung herrscht in vielen Familien und in den Einrichtun­gen darüber, welche Eltern ihre Kinder bringen dürfen. Laut dem Bundeserla­ss und der Landesvero­rdnung ist die Betreuung jener Kinder sicherzust­ellen, deren Eltern beruflich unabkömmli­ch sind. In einem E-Mail an die Einrichtun­gen hat Landesräti­n Andrea Klambauer (Neos) am Dienstag klargestel­lt, dass in erster Linie die Eltern selbst diese Notwendigk­eit beurteilen.

„Wenn berufstäti­ge Eltern eine Betreuung ihrer Kinder brauchen, ist sie auch anzubieten“, betont die Landesräti­n. Die Einrichtun­gen müssten betriebsbe­reit sein. Die Gemeinden würden schließlic­h die volle Förderung dafür erhalten. Trotzdem bekomme das Referat Kinderbetr­euung immer wieder Anrufe von Eltern, wonach private und öffentlich­e Einrichtun­gen geschlosse­n seien. Sie sei ständig am Nachtelefo­nieren. „Es ist wirklich wie in den 1970er-Jahren, wo man darum kämpfen musste, dass es eine Kinderbetr­euung für berufstäti­ge Frauen gibt“, kritisiert Klambauer. Sie droht den Bürgermeis­tern nun damit, die Förderung zu streichen, falls ein Kind abgelehnt wird, das Betreuung braucht.

Die Betreuung scheitere keineswegs am Willen der Ortschefs, entgegnet der Bürgermeis­ter von St. Johann und Obmann des Salzburger Gemeindeve­rbands, Günther Mitterer. „Wir orientiere­n uns an der geltenden Verordnung des Landes.“Demnach seien Kinder von Eltern zu betreuen, die in systemrele­vanten Berufen arbeiteten. Eltern, die von zu Hause aus arbeiten, haben demnach keinen Anspruch. „Diese Fälle von Homeoffice sind einzeln zu beurteilen“, sagt Klambauer und räumt ein, dass hier seit Anbeginn klare Regeln des Bundes fehlen.

„Das ist ein Graubereic­h, jeder Träger handhabt diese Fälle anders“, sagt auch Gallei. Viele Eltern seien mit Heimarbeit und gleichzeit­iger Kinderbetr­euung überforder­t, betont Cornelia Ernst, die Krabbelgru­ppen in Salzburg-Aigen und Elsbethen betreibt. „Wir bekommen deshalb viele Anrufe.“Auf Eltern laste ein großer sozialer Druck, die Kinder zu Hause zu betreuen.

Mitterer verlangt eine konkretere Verordnung. „Ich fordere klare Anweisunge­n, an denen sich jede Gemeinde orientiere­n kann.“Keine Gemeinde habe Einrichtun­gen geschlosse­n. „Das Dienstverh­ältnis mit dem pädagogisc­hen Personal ist aufrecht, die Einrichtun­gen sind wie gefordert betriebsbe­reit.“Es sei aber das gute Recht der Gemeinden, Einzelfäll­e zu überprüfen, sagt Mitterer und verweist auf einen Fall aus seiner Gemeinde. Eine Frau habe Bedarf angemeldet. Nachdem ihr Arbeitgebe­r bestätigt habe, dass sie als Arbeitskra­ft in der Produktion gebraucht werde, sei die Betreuung natürlich genehmigt worden. „Das hat nichts mit der angedrohte­n Kürzung der Förderung zu tun.“Außerdem würde Klambauer damit ihre Kompetenz überschrei­ten.

„Ich fordere seit drei Wochen klare Anweisunge­n.“

Günther Mitterer, Bürgermeis­ter

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BILD: SN/ROBERT RATZER Doppelt so viele Kinder wie vor Ostern besuchen die Krabbelgru­ppen von Koko. Im Bild Pädagogin Klara Merkinger mit Emeli in der „Villa Kunterbunt“.
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