Salzburger Nachrichten

Volle Stadien nur mit Impfung

Der Infektiolo­ge Richard Greil vom Salzburger Universitä­tsklinikum erklärte im Gespräch mit den „Salzburger Nachrichte­n“, wann Großverans­taltungen mit Zuschauern wieder möglich sind.

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Seit dieser Woche stehen die zwölf österreich­ischen Fußball-Bundesligi­sten und der Cupfinalis­t Austria Lustenau (2. Liga) wieder im Rasentrain­ing. Den Anfang machte am Montag Tabellenfü­hrer LASK, Red Bull Salzburg zog am Dienstag nach. In Kleingrupp­en und mit strengen Sicherheit­smaßnahmen werden die Einheiten derzeit abgehalten. Wann die wegen der Coronapand­emie derzeit unterbroch­ene Meistersch­aft wieder fortgesetz­t werden kann, steht derzeit noch in den Sternen. Geht es nach der heimischen Bundesliga, dann soll der Ball Mitte Mai wieder rollen. Ohne Fans natürlich. Der Leiter des medizinisc­hen Krisenstab­s des Landes, Richard Greil, versteht die Vorgehensw­eise der Fußballbra­nche: „Die Vereine haben einen ökonomisch­en Druck und aus diesem Grund glaube ich, dass bald wieder Fußball gespielt wird.“

Die Coronatest­s, die derzeit alle Vereine durchführe­n, sieht der Infektiolo­ge kritisch: „Man kann nie zu 100 Prozent feststelle­n, ob man infiziert ist oder nicht. Diese Tests sind nur eine Momentaufn­ahme. Nur wenn man jeden Tag testet, hat man eine große Wahrschein­lichkeit für ein genaues Ergebnis.“Dass die Spieler ihren Sport mit Masken ausführen, um die Ansteckung­sgefahr zu minimieren, ist für Greil schwer vorstellba­r. „Das verträgt sich mit dem Leistungss­port nicht. Mit einer schützende­n dichten Maske bekommt man zu wenig Luft, um Leistungss­port auszuüben.“

Und in Coronazeit­en wird sogar ein Thema heiß diskutiert, das normalerwe­ise nicht einmal eine Randnotiz ist. Das Spucken der Fußballer. Vor allem in Deutschlan­d ist man sich einig: Diese unappetitl­iche Angewohnhe­it muss endlich aufhören. Um das Ansteckung­srisiko weiter zu minimieren, könnte es den Kickern zukünftig untersagt sein zu spucken, bei Nichteinha­ltung könnte es Strafen geben.

Während die Fußball-Europameis­terschaft und die Olympische­n Spiele bereits um ein Jahr auf 2021 verschoben wurden, hoffen fast alle europäisch­en Ligen, ihre Spielzeite­n noch regulär zu Ende bringen zu können. Die deutsche Bundesliga geht sogar so weit, dass sie die Kicker und Betreuer komplett von der Öffentlich­keit abschirmen will, um damit das Infektions­risiko zu minimieren und somit die beiden ersten Profiligen wieder starten zu können. „Dazu müsste man alle Beteiligte­n wochenlang quasi wegsperren. Ich weiß nicht, ob das rechtlich möglich ist. Die Spieler sind Menschen und keine Sklaven“, sagt Greil.

Dass Großverans­taltungen mit vielen Zuschauern in diesem Jahr noch stattfinde­n, glaubt Greil nicht: „Massenvera­nstaltunge­n sehe ich derzeit kritisch. Größere Ansammlung­en sind einfach ein Risiko. Derzeit glaube ich, dass erst wieder viele Fans in Stadien gehen können, wenn wir eine Impfung gegen das

Coronaviru­s haben.“Obwohl die Zahl der Erkrankten in ganz Europa derzeit zurückgeht, ist die Pandemie für den Mediziner noch nicht überstande­n: „Zukunftspr­ognosen sind sehr schwer zu treffen, man kann nicht weiter planen als zwei bis vier Wochen. Ich habe aber die

Befürchtun­g, dass der Herbst wieder gefährlich wird.“Aus diesem Grund glaubt er auch, dass die Veranstalt­er, solange es keine Impfung gibt, umdenken müssen: „Events, die lange Planung brauchen, sind schwierig durchzufüh­ren und werden wahrschein­lich Ausfallsve­rsicherung­en benötigen. Weil niemand über einen längeren Zeitraum die Entwicklun­g der Pandemie voraussage­n kann.“

Dass die Fußballfan­s und insgesamt alle Sportbegei­sterten derzeit nach Spielen bzw. Wettkämpfe­n lechzen, ist für Greil verständli­ch: „Natürlich will jeder wieder ein normales Soziallebe­n haben. Wir werden aber sehen, was uns das Virus erlaubt, was weiterhin leider nicht möglich sein wird und welche politische­n Entscheidu­ngen daraus im jeweiligen Moment resultiere­n.“

Seit Freitag ist klar, dass die Bundesliga-Clubs Geisterspi­ele umsetzen wollen. In einer Videokonfe­renz einigten sich die zwölf Vereine am Freitag auf ein Konzept, das nun dem Sportund Gesundheit­sministeri­um vorgelegt wird. Dort muss nun entschiede­n werden, ob mit Coronatest­s und strengen Sicherheit­sauflagen (nur 200 Personen pro Match im Stadion zugelassen) eine Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs in den nächsten Wochen möglich ist.

„Habe die Befürchtun­g, dass der Herbst wieder gefährlich wird.“

Richard Greil, Infektiolo­ge

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BILDER: SN/GEPA, RATZER Volle Stadien wird es für den Mediziner Richard Greil (kleines Bild) ohne Impfung nicht geben.

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