My home is my office
ICHarbeite jetzt seit ein paar Wochen wie so viele andere von zu Hause aus. Das Coronavirus hat dafür gesorgt, dass mein Zuhause mit einem Schlag mein Büro geworden ist. Von wegen „My home is my castle“. Jetzt sitze ich zu Hause und schaue ins Kastl.
Das aufgeklappte Notebook ist nicht mehr nur das Tor zur schier unendlichen Welt des Internet, sondern plötzlich auch das Fenster ins Büro – und umgekehrt. Denn das Arbeiten zu Hause bringt mit sich, dass man den Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen nicht nur telefonisch hält, sondern auch per Videokonferenz. Wenn die Menschen schon sozial Distanz halten müssen, wollen sie einander zumindest sehen.
Wenn die Kollegenschaft einem in die eigenen vier Wände schaut, muss man gewisse Vorkehrungen treffen. Also versucht jeder, einen neutralen, aber doch vorteilhaften Bildausschnitt zu wählen
– Bücherwände im Hintergrund machen sich immer gut, vor allem für Journalisten. Ich bin da keine Ausnahme.
Das Arbeiten zu Hause hat unbestreitbare Vorteile. Mein Arbeitsweg ist kurz, nur ein paar Schritte in ein anderes Zimmer, schon bin ich in einer anderen Welt, der Arbeitswelt. Man muss nicht ins Auto steigen – so leicht war Klimaschutz noch nie. Andererseits gebricht es einem jetzt an Argumenten, warum man es nicht in die Morgenkonferenz geschafft hat. Unaufschiebbare Termine, die man sonst ins Treffen führen kann, taugen jetzt nicht als Entschuldigung. Auch die Ausrede, Bus, UBahn oder Straßenbahn hätten wieder einmal Verspätung gehabt, fällt aus.
Zudem sieht es mit dem Pendlerpauschale heuer schlecht aus. Für den Weg vom Wohnzimmer ins Homeoffice wird der Fiskus nichts springen lassen, da muss man sich etwas einfallen lassen. Vielleicht könnte ich beim Jahresausgleich
außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Schließlich ist es nicht leicht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn dir die Bücher aus dem Regal zuraunen: „Lies mich!“Und so oft man am Kühlschrank vorbeigeht, zu hören meint: „Iss mich!“Gar nicht zu reden davon, wenn einen die Pflanzen auf dem Balkon und im Garten mit einem vorwurfsvollen „Gieß mich!“hinaus in die Sonne locken. Da nicht schwach zu werden bedarf schon großer Disziplin.
Einer meiner Kollegen pflegt zu sagen, ein Journalist sei immer im Dienst. Der hat es gut, ob zu Hause oder im Büro macht für ihn keinen Unterschied. Ich kenne auch solche, die der Devise „My office is my home“folgen. So weit wird es bei mir nicht kommen. Ich halte es in der Regel daheim ganz gut ohne Arbeit aus. Als Abwechslung ist das Homeoffice eine interessante Erfahrung. Aber ich freue mich auch wieder auf die Fahrt von zu Hause ins Büro.