Schule wird zum Schichtbetrieb
Mundschutzpflicht, Abstandsregeln und „Ausdünnung der Schülerströme“. Der Weg in die neue Schulnormalität wird ein langer.
In der langen Reihe an Pressekonferenzen zu der Coronapandemie wurde jene zur Schulöffnung wohl am sehnlichsten erwartet. Von Schülern, Lehrern und Eltern. Der Druck auf Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist zuletzt deutlich gestiegen. Die Schülerinnen und Schüler fürchteten um ihre Zeit mit den Klassenkameraden, die Lehrkräfte um die Erreichbarkeit der schwachen Schüler und die Eltern um ihre Nerven im Heimunterricht. Doch die Schule ist „nicht nur wichtig für eine vitale Gesellschaft“, wie es Faßmann am Freitag formulierte, sie birgt aufgrund der vielen zwischenmenschlichen Kontakte auch das Risiko für eine raschere Ausbreitung des Coronavirus. Auf die Frage, wie sich der neue Schulbetrieb auf die Pandemie auswirken wird, hört man selbst aus der Wissenschaft unterschiedliche Antworten. „Zusperren war einfacher als das Aufsperren“, sagt Faßmann und legte folgenden Plan vor:
Etappen
Bekannt war seit Wochen, dass die Maturaklassen ab 4. Mai in die Schule zurückkehren werden, um sich für die Reifeprüfung vorzubreiten. Auch wenn die Schulleiter erst vor drei Tagen die Maturaverordnung erhielten. Zum selben Zeitpunkt werden auch die Schüler der Abschlussklassen der berufsbildenden mittleren Schulen, der Handelsschulen, dreijährigen technischen Schulen und Tourismusschulen sowie die Lehrlinge im letzten Berufsschuljahr in die Schule zurückkehren. Das sind rund 100.000 Schülerinnen und Schüler.
700.000 Schüler an Volksschulen, AHS-Unterstufen, Neuen Mittelschulen, Sonderschulen und in Deutschförderklassen sollen ab dem 18. Mai in einer zweiten Etappe wieder mit dem Unterricht starten. Am Freitag davor (15. Mai) sollen die Lehrerkonferenzen stattfinden. Wenn die Infektionen nicht wieder ansteigen, sollen ab 3. Juni 300.000 Schüler an AHS-Oberstufen, berufsbildenden höheren Schulen und Berufsschulen, bei denen das Distance Learning laut dem Bildungsminister ohnedies am besten funktioniert hat, zurückkommen. Am 29. Mai sollen für diesen Schulstart die Lehrerkonferenzen stattfinden.
„Schüler-Kurzarbeit“
Um die Kontakte in der Schule trotzdem geringer zu halten als vor der Coronakrise, sollen die Schülerinnen und Schüler im „Schichtbetrieb“unterrichtet werden. Die Klassen werden geteilt – die eine Hälfte soll von Montag bis Mittwoch Unterricht haben, die andere Donnerstag und Freitag. In der Woche darauf ist es umgekehrt. Bei der Klassenteilung könne beispielsweise nach dem Alphabet vorgegangen werden. Im Schnitt sollen elf Schüler eine Gruppe bilden. Wenn für eine Gruppe kein Unterricht stattfindet, haben die Schülerinnen und Schüler „Hausübungstage“. Zwar hofft Bildungsminister Faßmann darauf, dass Eltern ihre Kinder möglichst an diesen Tagen zu Hause ließen. Grundsätzlich könnten die Schüler die „Hausübungstage“aber auch in der Schule verbringen „etwa in großen Räumen, wie den Turnsälen“. Die werden laut den Plänen ohnehin nicht gebraucht, denn der Sportunterricht soll wie der Musikunterricht vorerst nicht stattfinden.
Schutz
Neben der Reduktion von Kontakten setzt das Bildungsministerium zum Schutz vor Ansteckungen auf
„Zusperren war einfacher als das Aufsperren.“
Heinz Faßmann, Bildungsminister
Hygienevorschriften. So müssen Schüler im Schulgebäude Masken tragen, außer während des Unterrichts. Schüler, die älter als zehn Jahre sind, müssen die Maske auch in der Pause tragen. Bildungsminister Faßmann rechnet damit, dass die Schüler eigene Masken mitbringen. Nach dem Betreten des Schulgebäudes müssen die Hände mit Flüssigseife gewaschen oder desinfiziert werden. Eltern und anderen schulfremden Personen ist der Zutritt nur nach Terminvereinbarung erlaubt. Die Hygiene- und auch die Abstandsregeln wurden in einem eigenen Handbuch festgeschrieben.
Schüler, die sich aufgrund der Coronapandemie psychisch nicht in der Lage sehen, in die Schule zu gehen oder Menschen im eigenen Haushalt schützen möchten, sind nach einer Meldung an die Schulleitung entschuldigt. Ähnlich wie bei einer Krankschreibung. Falls Lehrer zur Risikogruppen gehören, können sie ebenfalls daheim bleiben, müssen aber für andere Aufgaben wie dem Onlineunterricht zur Verfügung stehen.
Noten
Schularbeiten wird es in diesem Schuljahr keine mehr geben. An den Volksschulen wird es außerdem das Sitzenbleiben – außer auf besonderen Wunsch der Eltern – heuer nicht geben. An allen anderen Schulen kann man mit einem Fünfer automatisch aufsteigen. Bei mehreren Nicht genügend entscheidet die Klassenkonferenz über den Aufstieg. Für die Noten zählt neben dem Halbjahreszeugnis und dem Leistungsstand vor der Schulschließung – immerhin wurden fast zwei Drittel des Schuljahres absolviert – die Leistungen im Distance Learning bzw. in den Wochen der Schichtbetriebs. Schüler, die zwischen zwei Noten stehen oder sich verbessern wollen, können eine mündliche Prüfung machen. Faßmann ist für die Beurteilung im Coronajahr eines besonders wichtig: „Die Umstände sind zu berücksichtigen und das ehrliche Bemühen von Schülern und Schülerinnen ist zu würdigen.“
Öffis
Im Zuge der Lockerung der strengen Coronabeschränkungen wird ab 11. Mai in Österreich der Schienennahund Regionalverkehr wieder auf den normalen Fahrplan umgestellt. Das gab Klimaschutz- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Freitag per Aussendung bekannt. Durch den Termin könne sich das „Öffi-System“auf die Wiedereröffnung der Schulen bereits eine Woche zuvor einstellen.